Das Demonstrationsrecht in Deutschland ist durch das Grundgesetz legitimiert. Jeder hat nach Art. 5 (1) GG das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten . Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre (Satz 2). Das Recht auf Versammlungsfreiheit garantiert Art. 8 (1) GG. Dieses Recht kann für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf der Grundlage eines Gesetzes beschränkt werden (Satz 2). Laut § 14 Versammlungsgesetz sind solche Veranstaltungen mindestens 48 Stunden vor Beginn bei der zuständigen Behörde (i.d.R. die Kommunen) anzumelden. Wenn erkennbar ist, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist, kann die Veranstaltung untersagt oder mit Auflagen versehen werden (§ 15 VersammlG).
Viele Veranstaltungen laufen friedlich ab. Es geht darum, seinen Unmut über die Corona-Maßnahmen der Regierung auszudrücken. Das ist auch in Ordnung. Leider werden aber auch solche Veranstaltungen von politisch extremen Teilnehmern, meistens aus der rechten Szene genutzt, um Hass, Hetze, Rassismus, Antisemitismus durch Gewalt zu vertreten. Diesen Gruppierungen geht es nicht um sachliche Kritik am Staat, sondern um dessen Verächtlichung und Delegitimierung. Diese Gruppierungen sind sehr gut vernetzt über Plattformen im gesamten Bundesgebiet.
Besonders in den neuen Ländern sind diese Gruppen aktiv, aber auch in den westlichen Bundesländern, auch hier in Hessen und ebenso bei uns in Fulda gelingt es Ihnen, Menschen zu mobilisieren. Um Großdemos durchzuführen ist ein regelrechter Demonstrationstourismus entstanden. Bei diesen Großdemos findet man Demonstranten, die über mehrere hundert Kilometer Woche für Woche zu diesen Demos anreisen, viele davon gewaltbereit und aus der rechten Szene, die oft durch Busunternehmen organisiert bundesweit anreisen. (vgl auch hierzu unseren Artikel: „Querdenker, ein lohnendes Geschäftsmodell“ vom 05.08.2021 unter Aktuelles auf dieser Website).
Eine Schlüsselrolle haben dabei die sog. „Freien Sachsen“. Sie sind eine äußerst gewaltbereite rechtsradikale „Bürgerbewegung“. Sie werden vom Verfassungsschutz beobachtet und wurden bekannt u.a. durch den von ihnen initiierten Fackelmarsch zum Privathaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping. Der Vorsitzende dieser Gruppe ist ein Martin Kohlmann, ein bekannter Aktivist der rechten Szene, der die rechtsradikale „Gruppe Freital“ im Verfahren wegen geplanter Anschläge auf Asylunterkünfte anwaltlich vertreten hatte Er ist Mitglied im Stadtrat von Chemnitz. Ebenso hetzt diese Gruppe auf ihren Online-Kanälen gegen Politiker wie den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, den sie einen Despoten nennen und die Polizei als „Kretschmers Söldner“ beschimpfen, die friedliche Bürger drangsalieren nach dem Motto „Die da oben gegen das Volk“.
Die „freien Sachsen“ verstehen sich als Kleinstpartei und als Sammlungsbewegung mit der Vorliebe für die Monarchie. Sie fordert unter anderem einen „Säxit“ – einen Austritt Sachsens aus der Bundesrepublik und dass „Verwaltungsleute, Richter und Journalisten“ aus dem Westen in Führungspositionen „geregelt in ihre Heimatländer“ zurückgeführt werden. Vorsitzender ist Martin Kohlmann (bereits erwähnt s.o.) der wie Robert Andres der rechtsextremistischen Bürgerbewegung „Pro Chemnitz“ angehört. Ferner gehören zur öffentlich auftretenden Führungsriege Stefan Hartung, Beisitzer im Landesverband der NPD und Mitglied im Rat des Erzgebiergskreises und Michael Brück, Vize-Landeschef der NRW-Kleinpartei „Die Rechte“, 2020 nach Chemnitz gezogen. Ebenfalls zum Vorstand gehören soll ein Bautzner Busunternehmer, der mit seinem Unternehmen die Demoteilnehmer zu den Demonstrationen fährt.
Nicht nur gegen Landespolitiker, sondern auch gegen lokale Politiker wird in Telegram-Kanälen gehetzt. In einem Kommentar gegen den Bürgermeister von Zwönitz (ca. 11.400 Einwohner große Bergstadt im Erzgebirge) wird aufgefordert „Warum wird nicht direkt vor dem Haus des Bürgermeisters demonstriert?“ oder in einem anderen Chat auf ein Erhängen angespielt „Es gibt noch viele Bäume in Zwönitz“. Auf Telegram wurde auch aufgefordert, „nächste Demo vor der Haustüre der Oberbürgermeisterin von Zwickau“. Eine Aufforderung sich mit Fackeln vor Häuser von Politikern zu stellen, das geht einfach zu weit und ist nicht zu akzeptieren.
Da in Sachsen ein öffentliches Versammlungsverbot für mehr als 10 Teilnehmern gilt, wird jetzt zu sog. Spaziergängen aufgerufen, um das Versammlungsverbot zu umgehen. Dabei wird über eigene Kanäle aufgefordert – völlig anonym, sodass vor Ort kein Verantwortlicher greifbar ist. Normalerweise müssten diese sog. Spaziergänge sofort aufgelöst werden, denn es handelt sich hierbei tatsächlich um anmeldepflichtige öffentliche Versammlungen.
Der Verfassungsschutz beobachtet diese Szene genau. Regelverstöße auf Demos müssen konsequent verfolgt werden. Alles andere sehen diese Rechtsextremisten als Bestätigung. Vor allem ist eine schnelle politische Einschätzung dringend notwendig. Der Staat macht sich sonst bei diesen rechtsextremen Gruppen lächerlich, wird nicht mehr ernstgenommen und verliert sein Gewaltmonopol. Auch ist mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen Telegram vorzugehen, denn über diese Plattform läuft die Hetze und die Verabredung zu den in der Regel zu gewalttätigen Demonstrationen. Das Vorgehen gegen Telegram wird sicherlich nicht leicht sein , denn der Betreiber ist ein russischer Staatsbürger, aus Dubai heraus agiert und bisher alle Abmahnungen der Bundesregierung negiert hat..
Viele, die zu diesen Demonstrationen aus sachlicher Überzeugung gehen wissen oft nicht, mit wem sie sich hier einlassen. So kommen auch Bürger, die mit der rechten Szene überhaupt nichts am Hut haben schnell in den Verdacht, hinzu zu gehören. Ihnen ist zu empfehlen, genauer hinzuschauen, mit wem sie sich da einlassen und ggfs. der Demonstration oder Versammlung den Rücken zu kehren. Alles andere wäre halbherzig und ist eine Unterstützung dieser rechtsradikalen Szene.
Der Verfassungsschutz hat leider festgestellt, dass die Teilnehmer solcher Veranstaltungen aus dem bürgerlichen Spektrum keinerlei Tendenzen erkennen lassen, sich von den Extremisten und deren verfassungsfeindlichen Parolen und Handlungen zu distanzieren. Er geht sogar davon aus, dass sich mit einer weiteren Zuspitzung der Pandemie-Lage die „Schar der Unzufriedenen“ die glaubt, in Verschwörungstheorien und Umsturzfantasien eine Lösung für ihre Probleme zu finden, immer größer werden könnte. Leider wurde besonders im Osten, aber nicht nur dort, das Problem zuerst ignoriert, dann verharmlost und schließlich zu spät reagiert. Die Corona-Regeln wurden in Sachsen z.B. von der Polizei anfangs nicht stark durchgesetzt und die Demonstranten sahen das als Signal, geschürt von den Rechten, die Polizei stünde an ihrer Seite, weil sie nicht vehement eingriff. Auch die Politik selbst hat hierzu beigetragen, weil sie lange Verständnis für die Corana-Proteste äußerte – und das war genau das falsche Signal.
Jetzt ist es höchste Zeit: Der Verfassungsschutz, der Staat ist aufgefordert konsequent zu handeln und durchzugreifen, sonst macht er sich zum „Affen“.