„Wer Führung bestellt, bekommt sie bei mir“ ist ein Zitat von Olaf Scholz. Nur – wo ist er? Besonders auffällig regiert der Kanzler bislang nicht. In diesem Jahr haben wir zumindest bisher wenig substantielles von ihm gehört. Während anderswo in der Welt im Ukrainekonflikt die Drähte der Regierungszentralen glühen, wichtige Weichenstellungen von der Impfpflicht bis zur Klimapolitik anstehen, ist der Bundeskanzler auffallend schweigsam. Er ist auch in der Vergangenheit sowohl als regierender Bürgermeister von Hamburg als auch als Bundesfinanzminister nicht gerade mit besonderen Führungsqualitäten aufgefallen. Ich erinnere hier insbesondere an die brutalen Ausschreitungen durch autonome Gruppierungen beim G 20 Gipfel in Hamburg, an den Cum-Ex Skandal oder die Wire Card Affäre. Diese Vorgänge lagen alle in seinem Zuständigkeitsbereich, aber in den Aufarbeitungen dieser Vorfälle fiel er insbesondere dadurch auf, dass er die Verantwortung von sich wies oder sich nicht mehr so genau erinnern konnte. In Anbetracht der großen aktuellen Krisen ist ein aktives Handeln und Eingreifen des Bundeskanzlers erforderlich, will sich Deutschland nicht ins Abseits manövrieren. Aber man hört von ihm wenig, viel zu wenig, schließlich hat er die Richtlinienkompetenz.

Unsere Regierung steht vor wichtigen Herausforderungen:

Seit etwas mehr als zwei Jahren beeinträchtigt Corona das Leben der Menschen. Der Kanzler glaubt, dass Deutschland ohne Impfpflicht nicht aus der Krise kommt und will die Impfpflicht für alle Erwachsenen. Aber was macht er konkret? Was ist mit seiner Richtlinienkompetenz? Er bleibt in der Deckung, ist passiv, schwafelt und weicht aus. Es ist unbestritten Aufgabe der Bundesregierung Gesetzesvorschläge in den Bundestag einzubringen. Nein – er gibt diese Verantwortung in einer sehr leidenschafts- und emotionslosen Erklärung an den Bundestag ab. Einfach mal das Parlament diese Aufgabe erledigen lassen in Erwartung auf fraktionsübergreifende Gruppenanträge in der Hoffnung auf zügige Beratungen. Wie naiv ist das denn? Das sieht jedenfalls nicht nach der von ihm versprochenen Führung aus, schon gar nicht nach Aufbruch und Fortschritt, wie es die Ampelparteien propagiert haben. Wir benötigen die Entscheidung jetzt und nicht erst in einigen Monaten, wenn sich die Corona-Lage wieder entspannt oder sogar hoffentlich erledigt hat. Und das Ziel, bis Ende 2021 = 30 Mio. neue Impfungen und bis Ende Januar 2022 nochmal so viele? Fehlanzeige!

Olaf Scholz ließ es sich dabei nicht nehmen, die Öffentlichkeit mit einem seiner seltenen farblosen Auftritte zu „begeistern“. Er präsentierte eine Impfkampagne, die so einfallslos und blass ist, dass sie niemanden vom Hocker reißt. Immerhin 60 Mio. EURO Steuergelder hat man hierfür ver(sch)wendet. Mit Sprüchen wie „Impfen hilft. Auch allen, die es nicht mehr hören wollen“ oder „Impfen hilft. Auch Oma“ will man jetzt Impfunwillige überzeugen.? Eine Lachnummer – leider nicht, dafür waren die Kosten zu hoch. 60 Mio. € hätte man in andere wichtige Aufgaben besser und nachhaltiger investieren können .

Im Ukraine-Konflikt hat der Kanzler seine Außenministerin vorgeschickt. Er selbst hält sich mit klaren Aussagen zurück. Dabei ist die Situation brandgefährlich und für Deutschland besteht die Gefahr, auf internationaler Bühne zum Zuschauer degradiert zu werden. Zwar kritisiert die Regierung die massiven russischen Truppenbewegungen an der ukrainischen Grenze – aber vom Bundeskanzler Olaf Scholz hört man dazu recht wenig. Die Bundesregierung wehrte sich in den vergangenen Wochen eine Zusage zu geben, im Kriegsfalle der Abkopplung Russlands vom Bankensystem Swift zustimmen zu wollen, oder die Pipeline Nord Stream 2 nicht in Betrieb zu nehmen. Nur vage unkonkrete Androhungen harter Sanktionen. Die Ampelkoalition ist sich nicht einig, wie mit Putin umgegangen werden soll und der Kanzler sich zurück.

Altbundeskanzler Gerhard Schröder sowie der ehemalige Ministerpräsident Brandenburgs und frühere SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck, z.Zt. Vorsitzender des deutsch-russischen Forums, äußern sich prorussisch. Nicht von der Ukraine, wie von Schröder behauptet, geht die Aggression aus, sondern es ist die Rote Armee, die mit einem bedrohlichen Aufgebot an der ukrainischen Grenze steht. Und das soll in Anbetracht der vor Kurzem rechtswidrig annektierten Insel Krim keine Bedrohung sein? Auch die Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und der SPD Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich machen keinen Hehl aus ihrer russlandfreundlichen Haltung. Eine einheitliche Strategie innerhalb der SPD ist somit nahezu unmöglich. Es ist Aufgabe von Olaf Scholz hier einzugreifen und sie alle zurückzupfeifen. Das ist absolutes Führungsversagen, hier den SPD Vorsitzenden Lars Klingbeil vorzuschicken. Auch wenn der SPD Vorsitzende nach einer Gesprächsrunde mit führenden Sozialdemokraten feststellt, dass die Eskalation an der russisch-ukrainischen Grenze eindeutig von Russland ausgeht, ein klares Handeln folgte darauf bisher nicht. Waffenlieferungen an die Ukraine werden von der SPD weiterhin abgelehnt. Die Diplomatie hat Vorrang. Das ist richtig und sollte auch immer so sein. Aber Diplomatie kann hier nur erfolgreich sein, wenn die Ukraine in die Lage versetzt wird, Abschreckungspotential zu haben um zu zeigen, dass ein Einmarschieren kein Kinderspiel ist, sondern Russland mit großen Verlusten rechnen muss. Putin muss klargemacht werden, dass er sich einen solchen Schritt überhaupt nicht leisten kann, denn er regiert ein wirtschaftlich marodes Land.

Frau Merkel hätte schon längst Putin einen Besuch abgestattet und Klartext geredet. Auch wäre sie schon längst beim amerikanischen Präsidenten gewesen um sich abzustimmen und sie hätte sich auch schon längst für eine europäische Lösung des Problems eingesetzt und dieses Feld nicht dem französischen Präsidenten Macron alleine überlassen. Und Olaf Scholz? Er war weder bei Putin noch bei Biden, hat lieber seine unerfahrene Außenministerin mehr oder weniger erfolglos agieren lassen und überlässt dem französischen Präsidenten Macron die Aufgabe für Europa zu sprechen. Deutschland wird ins Abseits manövriert. Auf den Hilferuf der Ukraine nach Waffen wird die Lieferung von 5000 Helmen angeboten. Was für ein Witz und eine Brüskierung der Ukrainer, wenn die Verteidigungsministerin Lambrecht auf den Hilferuf aus der Ukraine voller Euphorie verkündet, „Wir haben das sofort geprüft und werden 5000 Helme an die Ukraine liefern, auch als ganz deutliches Zeichen, wir stehen an eurer Seite“. Mit dieser diese Aussage fühlen sich doch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi und seine ukrainischen Landsleute von Deutschland im Stich gelassen – und hart ausgedrückt – verarscht. Und jetzt blockiert diese Scholz-Regierung auch noch die Esten indem ihnen untersagt wird, veraltete Waffen, die weitgehend aus Beständen der ehemaligen DDR Volksarmee stammen, an die Ukraine weiterzugeben. Hiermit wird ein Signal ausgesendet, dass Deutschland gerne eine wehrlose Ukraine hätte, die sich dem russischen Aggressor möglichst widerstandslos ergeben sollte.

Putin ist sicherlich erfreut über die deutsche Haltung, denn das spielt ihm in die Karten, weil er, solange in Europa keine einheitliche Strategie gefahren wird, leichtes Spiel hat. Die Begründung, dass Deutschland grundsätzlich keine Waffen in Krisengebiete liefert ist ein Hohn, da ständig Ausnahmen von diesem Grundsatz mit deutschen Waffenlieferungen z.B. an Ägypten und Saudi Arabien gemacht werden. Die Verweigerung von Waffenlieferungen an die Ukraine und das Verhindern von Hilfen anderer Länder ist jedenfalls das falsche Signal. Die Bundesregierung steht deshalb auch als unzuverlässiger Nato-Partner in massiver Kritik.

Scholz verlangt mehr Tempo bei Projekten. Ja, den Mindestlohn hat die Regierung zumindest auf den Weg gebracht – das war auch nicht allzu schwierig. Aber Wohnungsbau, Energiewende, Verkehrsinfrastruktur und Digitalisierung? Olaf Scholz: „die Regierung will es hinkriegen, dass dieses Land Fahrt aufnimmt“. Aber wie?

Der sofortige Förderstopp für sogenannte Effizienzhäuser sowie von energieeffizienten Sanierungsmaßnahmen ab dem 1. Februar, und das ohne Vorwarnung, ist ein großer Vertrauensbruch, denn Bauvorhaben bedürfen immer einer längeren Planungsphase und bei der Finanzplanung rechnet der Bauherr natürlich mit diesen Mitteln, vor allem wenn sie rechtzeitigt beantragt wurden und nicht zu erwarten war, dass diese aus dem Nichts heraus ad hoc gestrichen werden. Das bedeutet eine Zäsur für alle Bauherrn. Damit werden mit einem Federstrich die Pläne vieler Familien für ein bezahlbares und klimagerechtes Eigenheim zunichte gemacht, trotz langfristiger Zusagen. Unerklärlich dabei ist, dass bereits fristgemäß gestellte Anträge, die noch nicht bewilligt wurden, ebenfalls unter diese Regelung fallen. Das bedeutet, dass diese Bauherren völlig in der Luft hängen, weil sie sich bei den Planungen auf die Förderung verlassen haben. Die Bundesregierung wälzt mit dieser Maßnahme die Lasten der Energiewende auf die Bürger ab. Ebenso ist das ein Vorzeichen für die zu erwartende Klimapolitik welches die Befürchtungen bestätigt, dass die Regierung durch Vorschriften kostspielige Rahmenbedingungen erlässt, die Rechnung aber jemand anderes bezahlt. Schon jetzt sind Verbote für Gas-Heizungen, Verbrenner-Autos, vom Wohnen in unsanierten Altbauten vorgesehen. Die Kosten für Wohnen und Energie werden immer höher, sodass sich Menschen mit kleinerem oder mittlerem Einkommen vieles nicht mehr leisten können. Wer bezahlbare Mieten fordert, darf neu bauen nicht verteuern. Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmer, Ingeborg Esser, weist in diesem Zusammenhang auf den sozialen Wohnungsbau hin und erklärt, dass bundesweit von den in diesem Verband organisierten Unternehmen ca. 80.000 Wohnungen, die bereits konkret geplant sind, erst mal nicht gebaut werden und das bei einem von der Bundesregierung angestrebten Ziel von 400.000 neuen Wohnungen jährlich. Die SPD fordert jetzt eine Härtefallregelung für die Fälle, bei denen bereits Anträge gestellt wurden. Habeck will jetzt zeitnah (wann immer das auch ist) ein neues Förderkonzept vorlegen. Sieht so Fahrt aufnehmen aus?

Auch bei der Energiewende hat sich Deutschland, diesmal in Gestalt des Wirtschafts- und Energieministers, innerhalb der EU für einen eigenen Weg entschieden. Die deutsche Energiewende entstand aus einem Reflex der Angstübertreibung aus dem in seiner Wirkung begrenzten AKW-Unfall in Japan. Aus Furcht vor dem schlimmen Atomtod wurde von der damaligen schwarz-gelben Regierung ein überhasteter Atomausstieg, eigentlich völlig unnötig, auf Druck von Umweltverbänden und den Grünen beschlossen. Nutznießer dieser Entscheidung waren zunächst die Kohlekraftwerke, aber man kam schnell zu der Erkenntnis, dass dies für die CO² Bilanz nicht so gut ist.

Jetzt wurde auch der Kohleausstieg beschlossen und die Energiepreise steigen. Ebenso steigen die Bedenken hinsichtlich der künftigen Versorgungssicherheit. Der Plan der EU-Kommission, sowohl Energie aus Gas und Atom als nachhaltige Brückentechnologien einzustufen, ist nicht unumstritten. Deutschland will den EU-Plan stoppen, Kernkraft als nachhaltig einzustufen. Damit brüskiert man Frankreich, wo 70% des Stroms aus Atomenergie bezogen wird. Deutschland hingegen hat zum Jahreswechsel 2021/2022 drei Kernkraftwerke abgeschaltet und will die verbleibenden drei Ende des Jahres 2022 vom Netz nehmen. Das bedeutet, dass der Anteil an Gas in Deutschland an der Gesamtenergieerzeugung steigen muss. Der beabsichtigte Kohleausstieg bis 2030 wird aber nur gelingen, wenn dann zusätzliche Gaskraftwerke gebaut werden. Gas ist ein fossiler Brennstoff und setzt CO² frei, zwar nicht so viel wie Kohle, trägt aber zur globalen Erwärmung bei. Atomkraftwerke sind klimafreundlich, produzieren aber radioaktiven Müll und das ist auch problembehaftet, weil dieser über Jahrtausende verwahrt werden muss.

Deutschland hat sich verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu sein. Das bedeutet, bis dahin muss fossilfreie Energie erzeugt werden. Insofern scheint der französische Weg sinnvoller zu sein als ab 2030 alle Kohlekraftwerke mit Gaskraftwerke zu ersetzen um dann bis 2045 alle Energie über Windräder und Solartechnik zu erzeugen. Das ist Utopie. Auch Finnland, Tschechien, Polen und die Niederlande haben mit der Planung und Hochfahren neuer AKWs begonnen, sodass sich das auf EU-Ebene kaum noch stoppen lässt. Die AKWs heute sind technisch auf einem wesentlich höheren Stand als die vor einigen Jahrzehnten gebauten, effektiver und sicherer und viele Staaten auf diesem Planeten planen weiterhin mit Atomkraft. Der EU-Binnenkommissar Thierry Breton erklärte kürzlich: „Dass die EU ohne Atomstrom CO²-neutral werden kann, ist eine Lüge“. Deshalb sollte die von den Grünen im Kabinett angedrohte Klage gegen die EU-Kommission gegen die „Taxonomie“, welche Gas und Atom als „nachhaltig“ einstufet, tunlichst unterbleiben. Wird eine sichere Möglichkeit für die Lagerung des Atommülls gefunden, ist Atomenergie durchaus eine praktikable klimaneutrale Lösung für die Deckung des Energiebedarfs in Zukunft. Gas aus Russland okay, Atomstrom aus anderen EU-Ländern aber nicht? Das ist nicht seriös und stellt Deutschland ins Abseits. Der Strombedarf in Deutschland wird in Zukunft durch die E-Mobilität gewaltig wachsen. Der Bau von Stromtrassen für Ökostrom aus dem Norden kommt nicht voran, weil besonders auch Umwelt- und Naturschutzorganisationen dies blockieren und man muss kein Prophet sein um festzustellen, Deutschland wird letztlich die Energieversorgung nicht aufrecht erhalten können und auf Kauf von Atomstrom aus dem Ausland angewiesen sein, um den durch die E-Mobilität stark ansteigenden Energiebedarf der Zukunft zu decken. Deutschland, welches immer auf ein einheitliches Handeln in Europa pocht, schert hier aus und geht wieder seine eigenen Wege. Und was macht Scholz?

Bundesfinanzminister Lindner war zu seiner Zeit in der Opposition ein harter Verfechter der Schuldenbremse und Verteidiger liberaler Grundsätze. Jetzt aber legt er in blitzschneller Überrumpelung einen Nachtragshaushalt von 60 Mrd. EURO vor. Er will einen aufgrund der Corona-Lage zweckgebundenen bewilligten Kredit in einen Fonds für Klimaschutz und Digitalisierung umschichten und damit die Schuldenbremse, die es zumindest auf dem Papier noch gibt, umgehen. Das ist rechtlich sehr bedenklich und erinnern wir uns an frühere Aussagen Lindners, in denen er Schuldenmachen auf Kosten zukünftiger Generationen scharf kritisierte – und genau das geschieht hier. Das Lindner hier urplötzlich seine bisherige Haltung aufgibt und so tut, als gäbe es hier überhaupt keinen Klärungs- und Rechtfertigungsbedarf ist schon sehr abenteuerlich wenn nicht sogar frech, vor allem vor dem Hintergrund, dass der Bundesrechnungshof davon ausgeht, dass das verfassungsrechtlich zweifelhaft sei. Angemerkt sei noch, dass der Bund in 2022 mit neuen Rekordsteuereinnahmen rechnen kann. Insofern müssen die Regelungen der Schuldenbremse wieder konsequent angewendet werden. Olaf Scholz, der in der letzten GroKo Bundesfinanzminister war lässt ihn gewähren, wohlwissend um die verfassungsrechtlichen Bedenken.

Es wird viel geredet, gerne auch durcheinander und laut und viel versprochen. Das ist eine gute Strategie, denn es simuliert Beschäftigung mit dem Thema und Tatendrang, verhindert aber äußerst zuverlässig, dass sich etwas bewegt und voran geht. Und ehrlich – es ist eine Binsenweisheit: Wer arbeitet oder entscheidet, der kann Fehler machen. Und bei dem, der nichts tut, bleibt die Weste blütenrein und es steht im Protokoll, er hat aber alles gegeben.