Jetzt ist es raus: Die Grünen gehen, nicht ganz unerwartet, mit Annalena Baerbock ins Rennen um die Kanzlerschaft. Die 40-jährige ist mit dem Unternehmens- und Politikberater Daniel Holefleisch verheiratet, der schon für die grüne Bundestagsfraktion gearbeitet hat und sein Geld heute als Post-Lobbyist verdient. Sie hat 2 Kinder, 2011 und 2015 geboren, wohnt mit ihrer Familie in Potsdam, studierte Politikwissenschaft und Völkerrecht, hat ihre Promotion abgebrochen, trat 2005 den Grünen bei und machte anschließend Parteikarriere. Sie arbeitete 3 Jahre als Büroleiterin einer Grünen Europaabgeordneten in Brüssel und zog 2013 in den Bundestag ein. Seit Januar 2018 ist sie zusammen mit Robert Habeck Vorsitzende der Grünen. Sie verfügt über keinerlei berufliche Erfahrungen in der Privatwirtschaft und bringt auch keine Regierungserfahrung, nicht einmal auf kommunaler Ebene, mit. Aber sie ist eine Frau mit jugendlichem Charisma, mit dem sie bei den Wählern für den Glauben an einen Neuanfang versucht zu punkten – und das war wohl das ausschlaggebende Kriterium. Sie spricht den hermetischen Jargon der allermeisten Politikprofis: presse- und parteigerecht, aber für den normalen Menschen schwer zu ertragen. Sie steht für eine teure und nicht finanzierbare Klimarettung, die mit großen Opfern verbunden ist. Sie wird daher selten konkret und nennt schon gar keine Zahlen über finanzielle Auswirkungen. (vgl. auch unseren Beitrag: Grüne stellen Wahlprogramm vor)

Für die SPD tritt Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz an. Scholz wurde schon vor einigen Monaten direkt von den beiden Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter Borjans nominiert, die ihn bei der Wahl zum SPD-Vorsitzenden vor einiger Zeit ausgebootet hatten. Olaf Scholz, dessen Rolle im Wirecard Skandal noch zu klären ist, ist jetzt erst mal bestrebt, die gegen ihn und seinem Ministerium erhobenen Vorwürfe auszuräumen.

Und bei der CDU ist es jetzt auch geklärt. Armin Laschet hat sich gegen seinen Konkurrenten Markus Söder durchgesetzt. Die Union hatte das Glück zwei geeignete Kandidaten mit unterschiedlichen Profilen, Ecken und Kanten in ihren Reihen zu haben. Der eine Vorsitzender der CDU, der andere Vorsitzender der CSU. Beide können Kanzler, daran besteht kein Zweifel. Das angebliche „Theater“ um den Findungsprozess für den Kanzlerkandidaten der Union war zu einem großen Teil ein Ergebnis der Berichterstattung in den Medien, die gar nicht genug bekommen konnten von diesem „Schauspiel“. Dabei ist leider völlig untergegangen, dass es ein völlig normaler demokratischer Findungsprozess gewesen ist – anders als die quälende Urwahl der beiden SPD Vorsitzenden, anders als die Hinterzimmerentscheidung bei den angeblich so basisorientierten Grünen. In einem solchen Auswahlverfahren ist es durchaus legitim sich zu präsentieren und seine eigenen Vorstellungen darzulegen. Das ist sogar wünschenswert. Eine Demokratie lebt von Meinungsvielfalt und es ist Zeichen gelebter Demokratie, wenn Entscheidungen auch nach einem harten Konkurrenzkampf getroffen werden und wenn die Bewerber anschließend diese Entscheidung akzeptieren, so wie hier geschehen.

Die Medien haben diesen öffentlich ausgetragenen Konkurrenzkampf um den besten Kandidaten der Union als „ausgiebigen Machtkampf“ disqualifiziert, aber das stille Gemauschel der Grünen als „leichte Entscheidung“ gelobt. Leider wurde durch den Stil der Berichterstattung in den Medien eine Stimmung erzeugt, als würde bei der CDU eine bitterliche Schlacht zwischen den beiden Kontrahenten herrschen. Mit seriöser Berichterstattung hatte dies oft nichts zu tun. Die Medien haben die CDU vor sich her getrieben und eine rasche Entscheidung gefordert. Doch diese war eigentlich gar nicht notwendig, denn die Union hatte im letzten Jahr angekündigt, den Kanzlerkandidaten erst Pfingsten zu präsentieren. Diese Form der Berichterstattung in den Medien hat beim Wähler und leider auch innerhalb der Union für Unruhe gesorgt und den Eindruck erweckt, als sei die CDU völlig zerstritten. Ich möchte hier nichts schön reden. Ja, es gab zwei Lager, was bei zwei hervorragenden Kontrahenten unterschiedlicher Parteien aber auch ganz normal ist.

Wie haben das eigentlich SPD und Grüne geregelt? Bei den Grünen haben das Frau Baerbock und Herr Habeck in scheinbarer Harmonie gemeinsam unter sich ausgemacht. Aber war das wirklich so? Die Entstehung der Kanzlerkandidatur Baerbocks ist nicht auf demokratischen Prinzipien erfolgt. Habeck wurde einfach von ihr und dem sie stützenden grünen Frauenrat herausgekickt. Frau Baerbock ist eine Frau und die Emanzipation habe sich durchgesetzt, erklärte Habeck später, dem die Enttäuschung bei der Präsentation anzusehen war. „Für mich ist das der schwärzeste Tag meiner politischen Laufbahn“ erklärte Habeck gegenüber Journalisten. Das klingt nicht unbedingt nach Einvernehmen. Wer einer solchen Partei, in der solche Praktiken möglich sind Vertrauen schenkt, dem ist einfach nicht zu helfen. Wir haben seit 16 Jahren mit Dr. Angela Merkel eine Frau als Kanzlerin. Sie ist aber nicht in diesem Amt weil sie eine Frau ist, sondern weil sie hervorragende Arbeit leistet. Jetzt als entscheidendes Kriterium die Emanzipation zu nennen ist unter diesem Gesichtspunkt geradezu grotesk. Es mag sein, dass der konservative Kretschmann dem „Ländle“ gut tut. Es mag auch sein, dass der pragmatische Grüne Boris Palmer seiner Stadt Tübingen gut tut. Aber reichen hohe Sympathiewerte für die politisch unerfahrene Annalena Baerbock um Deutschland zu führen? Diese Frage darf man wohl zu Recht stellen.

Bei der SPD haben die beiden Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter Borjans die Entscheidung alleine zu Gunsten von Olaf Scholz getroffen. Die beiden, gegen die Olaf Scholz bei der Wahl zum Vorsitzenden der SPD in einer langen parteiinternen und auch nicht immer geräuschlosen und quälenden Urwahl unterlegen war. Demokratisch sieht anders aus – aber ehrlich gesagt: Einen anderen hatte die SPD auch nicht.

Ich persönlich hätte mir gewünscht, wenn sowohl in der CDU als auch in der CSU die Parteibasis über den Kanzlerkandidaten abgestimmt hätten. Die Entscheidung wurde im Bundesvorstand getroffen, zumindest in einem in demokratischen Wahl gewählten Parteigremiums, welches hierfür durchaus legitimiert war. Das Verfahren der Union war somit zumindest die demokratischste Nominierung aller drei jetzt ins Rennen gehenden Kanzlerkandidaten, auch wenn das Ergebnis an der Basis der Unionsparteien nicht überall Zustimmung gefunden hat. Markus Söder hat als der Unterlegene das Ergebnis anerkannt und erklärt, gemeinsam mit der CDU als Union den Wahlkampf entschlossen und geschlossen zu bestreiten, um wieder stärkste Kraft im Bundestag zu werden und mit Armin Laschet den künftigen Kanzler zu stellen.