Karl-Josef Hahner und Klaus Dieter Rucht gratulieren Anni Richter
Überreichung der Urkunde für langjährige Mitgliedschaft

Anni Richter, seit Gründung der Senioren Union aktiv dabei, feierte am 31. Oktober 2023 in ihrem Heimatdorf Großentaft in der Gemeinde Eiterfeld ihren 100. Geburtstag. Feiern – das ist untertrieben. Ich kam um 17.00 Uhr zusammen mit dem CDU-Vorsitzenden aus Eiterfeld Klaus-Dieter Rucht in den vollbesetzten Saal des Großentafter Landgasthof Schmelz. Mehr als 150 Gäste von überall her – Familie, Freunde und Nachbarn feierten mit ihr und es herrschte eine Stimmung wie am Rosenmontag – und unglaublich – mittendrin, die Jubilarin.

Ihr Tag begann bereits morgens um 10.00 Uhr mit einem Fest- und Dankgottesdienst und sie hielt durch, unglaublich lang, bis ihr Sohn sie dann nachts um halb Drei nach Hause brachte. Sich dazwischen mal ausruhen und hinlegen, das kam für sie nicht in Frage. Sie zeigte eine erstaunliche Fitness, legte das eine oder andere Tänzchen auf das Parkett und erzählte humorvoll Geschichten aus ihrem Leben in perfektem Platt und hatte die Lacher auf ihrer Seite. Für sie ist Tanzen die beste Medizin um jung zu bleiben. Ihre Freude am Leben, ihren Lebensmut bezieht sie aus einem unerschütterlichen Gottvertrauen. Sie ist im christlichen Glauben tief verwurzelt.

Die Jubilarin beim fröhlichen Tänzchen mit ihrem Sohn

Anni Richter wurde am 31. Oktober 1923 geboren, in einer äußerst schwierigen Zeit deutscher Geschichte, der Weimaer Republik. Friedrich Ebert war damals Reichspräsident, ihm folgte zwei Jahre später Hindenburg, der 1930 Brüning zum Reichskanzler ernannte. 1923, das war ein gewaltiges Krisenjahr, dominiert von der Ruhrkrise, einer Hyperinflation und dem gescheiterten Hitlerputsch.

Aufgewachsen ist sie in Großentaft zusammen mit 6 Geschwistern. Ihr Vater war Schmied. Mit 15 ging sie nach Apolda zu den Vinzentinerinnen und betreute zusammen mit nur einer Ordensschwester 50 bis 60 Kinder in einem Kindergarten. Im November 1944, sie war gerade mal 21 Jahre alt, wurde sie zur Wehrmacht eingezogen. Auf einem Militärflughafen im Harz stationiert erlernte sie den Umgang mit Flak, Panzerfaust und Maschinengewehr. Im April 1945, kurz vor Kriegsende, wurde der Flughafen durch einen alliierten Luftangriff zerstört. Die schönste Zeit im Leben, die Jugend, erlebte sie geprägt von den Wirren des 2. Weltkrieges zu dessen Beginn sie gerade mal 16 Jahre alt war.

Sie kam zurück nach Großentaft und heiratete 1949 ihren Ehemann Alois. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor, von denen zwei leider bereits verstorben sind. So erlebte sie viele schöne, aber auch traurige Tage. Mit ihrem Ehemann gründete sie im Jahre 1958 den ersten Selbstbedienungsladen im Altkreis Hünfeld, den sie bis in die 80er Jahre betrieben und als sie 65 wurde verpachteten.

Sie hat die Wirren der Weimaer Republik, die Hitler Diktatur im sog. Dritten Reich und deren schrecklichen Folgen als junger Mensch miterlebt. Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 23. Mai 1949 und dem ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer sowie Wirtschaftsminister Ludwig Erhard entwickelte sich die soziale Marktwirtschaft und es kam das Deutsche Wirtschaftswunder. Es ging wieder aufwärts. Die Teilung Deutschlands prägte lange die jüngste deutsche Geschichte, die besonders im Zonenrandgebiet die Menschen beschäftigte, denn die ehemalige DDR lag vor der Haustür und zwei ihrer Schwestern lebten im anderen Teil Deutschlands im Geisaer Amt, nicht weit entfernt von Großentaft. Sie erlebte die Wiedervereinigung im Jahre 1989 als 66-jährige. Die Zeit der jahrzehntelangen Trennung von ihren Schwestern durch den Bau der Zonengrenze war endlich vorüber. Hier meinte es die Geschichte gut mit ihr. Sie ist eine Zeitzeugin deutscher Geschichte. Wer kann schon von sich behaupten, all diese Epochen miterlebt zu haben, ein lebendes Geschichtsbuch zu sein. Sie sagt, sie habe vieles erlebt, darüber könnte sie Bände schreiben und sie verfolgt immer noch das Weltgeschehen und betrachte mit Sorge die aktuelle Weltlage mit den vielen Krisenherden.

Der Jubilarin war und ist es ein wichtiges Anliegen, sich in ihrem Heimatort zu engagieren. Sie ist langjähriges Mitglied in fast allen örtlichen Vereinen und stand vor wenigen Jahren noch karnevalistisch in der Bütt. Nachdem sie sich, 65-jährig, aus dem Selbstbedienungsladen zurückgezogen hatte, gründete und leitete sie den örtlichen Seniorenkreis der Kolpingfamilie bis vor 3 Jahren. Da war sie immerhin schon 97. Die Vereine schauten alle vorbei und gratulierten. So wartete der Karnevalsverein mit einem karnevalistischen Programm auf, ebenso die Kolpingfamilie sowie die Trachtenkapelle „Hessisches Kegelspiel“ Großentaft, der Freundeskreis und noch viele andere. Für sie war es ein wunderschöner Tag. Sie hatte beste Laune und hatte oft Gelegenheit sich bei den vielen Gästen zu bedanken und mit ihnen zu scherzen.

Seit 1977 ist sie aktives Mitglied der CDU und war immer da, wenn sie gebraucht wurde. Ihr Ehemann Alois, über viele Jahre Mitglied des Kreistages, gründete im Jahre 1986 mit anderen CDU Senioren die Senioren Union Kreisvereinigung Fulda. Er führte sie über 10 Jahre erfolgreich mit großem Engagement. Er verstarb leider viel zu früh an den Folgen eines tragischen Unglücksfalls. Dabei stand die Jubilarin immer fest an seiner Seite und unterstützte ihn. Sie erinnert sich gerne an diese Zeit, an die vielen Veranstaltungen und Fahrten, die sie mit der Senioren Union erleben durfte.

Ich durfte die Jubilarin für ihre langjährige Mitgliedschaft und ihr Engagement mit einer Urkunde auszeichnen und ein kleines Präsent überreichen. „Sie sind ein Vorbild für viele Menschen. Die meisten träumen davon, einmal 100 zu werden. Ich nehme mich da nicht aus. Aber da möchte ich noch genauso viel Lebensfreude versprühen, Ihren Humor haben sowie so gesund und fit wie Sie sein. Ich wünsche Ihnen noch viele Jahre bei bester Gesundheit, Zuversicht, Lebensfreude und Gottes Segen“ verabschiedete ich mich von ihr.

Bericht von Karl – Josef Hahner, Vorsitzender der Kreisvereinigung Fulda der Senioren Union