Die Thüringer haben gewählt und sich mit einer großen Mehrheit für Parteien entschieden, die die demokratische Grundordnung in Deutschland ablehnen. Der Wahlausgang in Thüringen hat für die etablierten Parteien ein desolates Ergebnis gebracht, denn fast die Hälfte der Wähler gaben der laut Verfassungsschutz erwiesen rechtsextremistischen AfD (32,8 %) und dem neuen Bündnis BSW (15,8 %) ihre Stimme. Addiert man hierzu noch die Stimmen der Linken (13%) kommen sie zusammen auf 61,7 Prozent. Das ist eine Mehrheit, die nicht so ohne weiteres ignoriert werden kann. CDU (23,6 %) und Ampelparteien (davon SPD 6,1%) kamen gerade mal auf insges. 34 Prozent, wobei Grüne und FDP es gar nicht mehr in den Landtag geschafft haben und an der 5 % – Hürde gescheitert sind. Die Mitte ist somit nur noch mit insges. 29,7 Prozent der Wählerstimmen im Landtag vertreten.
Aufgrund des Parteitagsbeschlusses im letzten Jahr verbieten sich Koalitionen mit der AfD und den Linken. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung existierte das BSW allerdings noch nicht. Sarah Wagenknecht verstand es die Linken zu spalten und reihte fast deren gesamte Führungsriege in ihr Bündnis ein. Insofern verbieten sich auch Koalitionen mit dem BSW, denn genau hierhin sind viele Spitzenpolitiker der Linken gewechselt. Das BSW verfolgt einen nationalbolschewistischen Kurs und steht damit, ebenso wie die AfD, nicht auf dem Boden unseres Grundgesetzes. (Lesen Sie hierzu bitte auch den vorangegangenen Artikel „keine Zusammenarbeit der CDU mit dem BSW“ vom 5. August 2024 auf unserer HomePage)). Für mich ist daher die Debatte in der CDU, einen Ministerpräsidenten Björn Höcke in Thüringen dadurch zu verhindern, indem eine Koalition mit dem BSW eingegangen werden soll, nicht nachvollziehbar. Die eigenen Werte zu verraten, beiseite zu schieben aus diesem Grunde – mit Kommunisten gemeinsame Sache zu machen? Wäre es nicht Aufgabe aller demokratischen Parteien einen Ministerpräsidenten Björn Höcke zu verhindern? Eine Koalition mit dem prorussischen Bündnis Sarah Wagenknecht, in dem ebenso wie in der AfD Ideologen, Querulanten und Extremisten das Sagen haben, müsste ein absolutes NO GO sein. Weder AfD oder BSW können auf einen Kreis solider Personen verweisen, die regieren und die politischen Probleme in einem demokratischen Staat lösen können, schon gar nicht das Migrationsproblem – und sie wollen wahrscheinlich auch gar nicht regieren.
Zu den wichtigsten Grundsätzen einer Demokratie gehört, den Wählerwillen zu akzeptieren, auch wenn sich die Wähler mit deutlicher Mehrheit für Parteien entschieden haben, die sich gegen unsere demokratische Grundordnung richten. Die Parteien sind zur Wahl zugelassen, nicht verboten, also ist das Wahlergebnis zu akzeptieren, auch wenn das sehr kritisch zu betrachten ist. Die CDU liegt fast 10 % hinter der AfD und es lässt sich somit nur schwer begründen, woher man den Anspruch auf Regierungsbildung herleiten will, zumal dieser sich auch nur mit Hilfe einer prokommunistischen Partei umsetzen lassen würde.
Lasst doch die AfD eine Minderheitsregierung bilden, meinet wegen unter Tolerierung des BSW. Zwischen AfD und BSW gibt es viele gemeinsame Schnittmengen. Die Aussagen auf den Plakaten zur Wahl sind nahezu identisch. Der Wähler hat das so gewollt und man nimmt allen die behaupten, die Missachtung des Wählerwillens sei undemokratisch, den Wind aus den Segeln. Lass sie machen, denn nur dann wird den Wählern bewusst, was sie mit ihrem Stimmverhalten bewirkt haben. Chaos ist vorprogrammiert und nichts würde die Populisten von Rechts und Links mehr entlarven, als wenn sie selbst in der Verantwortung stehen und selbst entscheiden müssen.
Das Argument gegen eine Minderheitsregierung Björn Höcke käme einer Übernahme der Macht nach dem Muster der NSDAP gleich, hinkt. Wir haben heute andere Verhältnisse als 1933. Hitler kam damals zwar auch legal an die Macht und all das begann auch in Thüringen. Aber die AfD hat nicht bundesweit den Rückhalt in der Bevölkerung den man dazu benötigt. Sie ist im Osten zwar momentan stark, das trifft aber auf den Westen mit seiner rd. 5-fachen Einwohnerzahl nicht zu. Sie hat auch nicht den Rückhalt in der Wirtschaft, ebenso nicht in der Beamtenschaft, ist keine klassische Führerpartei mit einer Person an der Spitze und verfügt auch nicht über bundesweit organisierte Schlägertrupps wie früher die SA. Es heißt zwar, wehret den Anfängen aber das geht nur, wenn man sich mit ihnen politisch auseinandersetzt und sie entlarvt.
Auch hat das Grundgesetz für solche Szenarien vorgesorgt. Art. 37 GG gibt der Bundesregierung die Möglichkeit eines Bundeszwangs gegen einzelne Bundesländer, wenn diese die nach dem Grundgesetz oder anderen Bundesgesetze obliegenden Bundespflichten nicht nachkommen bzw. erfüllen. In einem solchen Fall kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates die notwendigen Maßnahmen treffen, um das Land im Wege des Bundeszwangs zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten. Die Bundesregierung oder ihr Beauftragter hat zur Durchführung des Bundeszwangs das Weisungsrecht gegenüber den Ländern und ihren Behörden. Der Bundeszwang kann zudem auch ausgeübt werden, wenn die freiheitliche demokratische Ordnung in Gefahr ist. Nach Art. 28 Abs. 3 GG hat der Bund zu gewährleisten, dass die verfassungsgemäße Ordnung der Länder den Grundrechten und Bestimmungen der Abs. 1 und 2 des Art. 28 GG entsprechen müssen.
Aber machen wir uns nichts vor: Die Thüringer haben eine Wahl getroffen, deren Auswirkungen sie selbst spüren sollten. Man darf als Demokrat dieses Wahlergebnis nicht völlig ignorieren, denn das wäre Wasser auf die Mühlen aller, die unsere Demokratie, die wehrhaft genug ist, ablehnen oder zumindest kritisch sehen und dem Populismus der Extremisten Glauben schenken. Was passiert? Es ist eine Zunahme der Arbeitslosigkeit zu erwarten, weil Unternehmer das Land verlassen werden. Es wird keine Zuwanderung in den Arbeitsmarkt von ausländischen Fachkräften geben, die dringend benötigt werden. Neue Unternehmen werden nicht mehr ansiedeln, Betriebe werden schließen weil sie keine Fachkräfte mehr bekommen. Ebenso wird es zu Kürzungen von Hilfen des Bundes und der EU bei Infrastrukturmaßnahmen kommen, weil Auflagen nicht erfüllt werden. Die Menschen in Thüringen werden eine Regierung erleben, deren Unfähigkeit und Chaoshaftigkeit von Anfang an dazu führt, dass sie schnell politisch entlarvt werden. Ein heilsames Chaos wäre also die Folge, aber das ist alles in allem momentan die einzige Möglichkeit, AfD und BSW zu entzaubern, zu entlarven – so traurig wie das ist.
Die CDU ist gut beraten, nicht zum Steigbügelhalter des BSW zu werden und mit Kommunisten und Putin-Freunden zu koalieren. Unsere Demokratie würde nicht vor dem Kollaps stehen. Es geht aber um das Ansehen und die Glaubwürdigkeit unserer Partei gegenüber unseren Wählern, auch hinsichtlich der nächsten Bundestagswahl im September 2025, nicht um Thüringen oder Sachsen, ebenso um das Ansehen Deutschlands in Europa und dem übrigen Ausland.
Dieser Beitrag beinhaltet Formulierungen aus einem Kommentar von Politik-Experte Krause von FOCUS online.