Neue Schulden für Verteidigungsausgaben und zuzüglich noch 500 Milliarden für die Infrastruktur – kann sich das Deutschland überhaupt leisten? stellt sich mir die Frage. Die Antwort: Ja, wir müssen uns das leisten können – ob wir wollen oder nicht.
Ich schaue mit Sorge auf das Ergebnis der Sondierungsgespräche und besonders auf die Forderungen der SPD nach irrwitzigen Schulden, die sich nicht mit den Wahlversprechen von Friedrich Merz in Einklang bringen lassen. Ebenso die Forderungen der Grünen, den Klimaschutz nicht außen vor zu lassen. Sie werfen Friedrich Merz vor, er habe sich an die Macht gelogen, so Partei-Chefin Franziska Brantner auf der Plattform X, denn er habe in den Wochen und Monaten vor der Wahl neue Schulden strikt abgelehnt, während Grüne und SPD schon länger für eine Reform der Schuldenbremse plädierten. Dabei vergisst sie, dass sich die aktuelle politische Lage in der Zeit nach der Wahl dramatisch verändert hat, weil Trump die Sicherheitsgarantien der USA gegenüber Europa in Frage stellt und wir unsere Verteidigungsfähigkeit hinsichtlich der Bedrohung durch Putin selbst organisieren müssen. Das ist ein völlig neuer Aspekt, der dringendes Handeln erfordert und keinen Aufschub mehr duldet. Es ist mehr als nur kurz vor Zwölf. Und – wir brauchen eine Einigung mit einem Neuanfang, der die tatsächlich akuten Fragen beantwortet und kein weiter so, wie bisher. Da müssen dann auch Klimaziele neu definiert werden. Man ist auf einem guten Weg und es bleibt zu hoffen, dass dieser jetzt in einen Koalitionsvertrag mündet, welcher das politische Chaos der letzten drei Jahre der Ampelregierung beendet, ohne Ideologie oder Parteistrategien.
Sicherlich, es ist ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik, dass ein Hunderte Milliarden schweres Investitionspaket zwischen einer Bundestagswahl und der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages beschlossen werden soll. Union und SPD wollen die im Grundgesetz festgeschriebenen Regelungen der Schuldenbremse dahingehend verändern, dass Verteidigungsausgaben, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, künftig über neue Kredite finanziert werden können. Ferner soll ein Sondervermögen ermöglichen, 500 Milliarden EURO in die Infrastruktur zu investieren. Auch das muss über Kredite finanziert werden. Das Parlament muss sich bis spätestens 25. März neu konstituieren. Die Reform der Schuldenbremse ist eine Änderung des Grundgesetzes und Bedarf daher einer Zweidrittel Mehrheit. Ob die mit dem neuen Parlament zeitnah zu erreichen ist, ist mehr als fraglich, denn es ist zu erwarten, dass die putin-nahe AfD nicht zustimmen wird. Anderseits drängt aber die Zeit.
Die aktuelle Schuldenquote Deutschlands liegt bei derzeit 63 %. Die EU hat als Grenze 60 Prozent ausgegeben, welche nicht mal von der Hälfte der EU-Länder erreicht wird. Die Schuldenquote errechnet sich aus dem Verhältnis des Schuldenstandes zum Bruttoinlandsprodukt. Mathematisch heißt das, wächst das Bruttoinlandsprodukt, dann sinkt die Schuldenquote. Das bedeutet, wenn der Staat massiv in die Infrastruktur investiert, ist ein Wirtschaftswachstum zu erwarten. Insofern ist es klug, die Investitionen in die Infrastruktur mit einem Sondervermögen zu finanzieren, welches die Wirtschaft voranbringt und den Investitionsstau in notwendige Infrastruktur abbaut. Steigt hierdurch das BIP, dann erhöht sich der Spielraum der Schuldenbremse, denn damit geht die Schuldenquote zurück.
Zum Verständnis noch eine Erklärung, wie sich Schuldenbremse und Sondervermögen unterscheiden: Das Sondervermögen für Investitionen in die Infrastruktur ist nach oben begrenzt, in diesem Falle auf 500 Milliarden EURO. Ebenso begrenzt ist der zeitliche Rahmen, nämlich auf 10 Jahre. Bei den Verteidigungsausgaben darf alles, was über 1 Prozent über dem BIP liegt, nicht aus Steuermittel bestritten werden, sondern kann durch zusätzliche Schulden finanziert werden. Dabei ist das Volumen praktisch unbegrenzt und kann den jeweiligen militärischen Erfordernissen angepasst werden.
Es wird jetzt von den anderen Parteien ins Feld geführt, es sei ungerecht, die nächste Generationen mit neuen Schulden zu belasten. Aber mal ehrlich, was nutzt es den nächsten Generationen, wenn wir ihr weniger Schulden zurücklassen, aber dafür eine völlig desolate Infrastruktur. Oder noch schlimmer, wir sind nicht verteidigungsfähig und Putin oder einer seiner Nachfolger verfolgt weiterhin Angriffskriegspläne und steht dann irgendwann vor Berlin. Insofern ist die Reform der Schuldanbremse und die Bildung des Sondervermögens eine Investition in die Zukunft.
Eines darf allerdings nicht passieren. Mit der Reform der Schuldenbremse dürfen ausschließlich nur Ausgaben getätigt werden, die uns verteidigungsfähig machen. Alle anderen Begehrlichkeiten, sei es Soziales. Klimaschutz oder Sonstiges muss ausgeschlossen bleiben. Dasselbe gilt auch für das Sondervermögen. Die Reform darf kein Freibrief dafür sein, die Grundsätze der Haushaltsdisziplin zu verlassen.
Die Reform der Schuldenbremse für unsere Verteidigung und die Bildung eines Sondervermögens für Investitionen in unsere desolate Infrastruktur sind entscheidend für Frieden und unsere Sicherheit, ebenso auch für unseren Wohlstand und den Wohlstand der nachfolgenden Generationen.
Insofern ist es wichtig, diese Punkte jetzt noch , mit dem alten Parlament, zu beschließen und nicht abzuwarten, bis sich der neue Bundestag konstituiert und die Arbeit aufgenommen hat. Wenn die Grünen glauben, dass hier taktiert werden kann, dann haben sie den Knall noch nicht gehört. Jetzt zu taktieren und sich gegenseitig persönliche Angriffe während des Wahlkampfes vorzuwerfen, besonders gegen die Union, ist inakzeptabel, denn die anderen Parteien waren auch nicht gerade zimperlich im Umgang mit der Union. Jetzt muss nach vorne geschaut werden.
Gibt es keine Einigung, sind Neuwahlen die Folge. Die demokratischen Parteien sind deshalb aufgefordert, eigene Befindlichkeiten und Taktieren zurückzustellen und eine rasche Einigung herbeizuführen. Ansonsten erleben wir bei Neuwahlen unser „blaues Wunder“.