Der Vorsitzende der Kreisvereinigung Fulda der Senioren Union Karl – Josef Hahner begrüßte alle Anwesenden im nahezu vollbesetzten Saal des Gasthofes Drei Linden zum Thema Versorgungssicherheit in der Region Fulda und freute sich über die gute Beteiligung. Er führte kurz in die Thematik ein und erklärte, dass der Klimawandel ein Thema ist, welches uns die nächsten Jahren intensiv beschäftigen wird, ein Thema, das sowohl Politik als auch die Menschen bewegt. Es ist ein globales Problem und kann deshalb auch nur global gelöst werden. Dabei müssen alle Länder auf unserem Planeten mitmachen, sonst ist der Klimawandel nicht zu schaffen. Deutschland selbst ist nur für knapp 2 Prozent des weltweiten C0²-Ausstoßes verantwortlich, aber es wird so getan, als könnten wir alleine die Welt retten. Es ist schon befremdend, wenn unsere Politik dieses Thema weitgehend ideologisch angeht und die Realität außen vor bleibt. So entsteht der Eindruck, wenn die Realität nicht mit der Ideologie übereinstimmt, dass dann die Realität falsch sein muss. Mit ideologischen Ansätzen werden wir das Problem nicht lösen. Verantwortungsvolle Klimapolitik muss raus aus ideologischen Schützengräben und konsequent prüfen und zulassen, was dem Klima hilft. Rechtswidrige Klebeaktionen der letzten Generation und die Protestaktionen von Fridays for Future helfen da nicht weiter. Versorgungssicherheit muss auch bei Volllast stets gewährleistet sein und wir dürfen unsere Konkurrenzfähigkeit als Exportnation nicht gefährden, wollen wir unseren Wohlstand annähernd halten. Auch benötigen wir einen Plan B für den Fall, dass wir noch länger mit dem Klimawandel leben müssen.

Nach dieser kurzen Einführung begrüßte der Vorsitzende der Senioren Union den Vorstandssprecher der Rhön-Energie, Herrn Martin Heun. „Ich freue mich dass Sie zu uns gekommen sind und heiße Sie herzlich wollkommen“ . Diese Info-Veranstaltung befasste sich mit dem Thema: Die Herausforderungen des Klimawandels und die Versorgungssicherheit in der Region Fulda. Einleitend stellte Herr Heun fest, dass die Rhön-Energie, welche zu den 50 größten Energieversorgern in Deutschland gehört, gut aufgestellt ist. Die Energieversorgung in der Region Fulda ist auch für die Zukunft gewährleistet. Das Unternehmen gehört deutschlandweit zu den preisgünstigsten Versorgern und verfügt über einen stabilen Kundenstamm. Die FZ hat hierüber bereits mehrfach ausführlich berichtet.

Der Klimawandel ist nicht zu leugnen und die sehr ambitionierten Ziele und Vorgaben sowohl der Bundesregierung, als auch der EU, stellen alle Energieversorger vor große Herausforderungen, so Heun. Die Lösungsansätze der Regierungen innerhalb der EU sind sehr unterschiedlich. Während viele Länder der EU auf Atomkraft setzen geht man in Deutschland einen anderen Weg. Erneuerbare Energieträger sollen künftig die Stromversorgung sicherstellen. Aber davon sind wir noch weit entfernt.

Die Vorgaben sind äußerst ambitioniert, unter den derzeitigen Gegebenheiten nahezu illusorisch. Bis 2030 soll der Anteil des EE-Stroms auf 80% steigen. Zur Zeit liegen wir bei rd. 40%. Das bedeutet, dass bis dahin täglich sechs neue Windräder gebaut werden müssten, um dieses Ziel zu erreichen. Selbst bei großem Optimismus dürfte das unter den derzeitigen Rahmenbedingungen kaum zu erreichen sein. Bisher wurden für den Bau von Windrädern von der Planung bis zur Realisierung rd. 6 Jahre benötigt. Zur Zeit jedoch stockt der Ausbau von Windkraft in Deutschland. In den ersten 6 Monaten 2022 wurden hierzulande nur 235 Anlagen neu errichtet. Will man die gesteckten Ziele erreichen, müssen bestehende Blockaden zügig abgebaut und die Verfahren drastisch verkürzt werden.

Die Produktion von Windrädern und Solaranlagen, ein Geschäftsfeld, auf dem Deutschland einmal führend war, wurde weitgehend ins asiatische Ausland verlagert, weil dort billiger produziert wird, ebenso auch die Produktion dringend benötigter Wärmepumpen. Das führt zu zeitlichen Verzögerungen hinsichtlich der benötigten Materialien. Ebenso weist Herr Heun auf den bereits schon sich jetzt bemerkbaren Fachkräftemangel hin, der sich noch verstärken wird, wenn die sog. Babyboomer aus dem aktiven Arbeitsprozess ausscheiden. Zur Zeit finden in Kassel, Marburg, Gießen oder auch Würzburg keine Meisterlehrgänge statt, obwohl Meister dringend benötigt werden. Das liegt nicht nur alleine an den viel zu wenigen Auszubildenden, sondern auch am Nichtvorhandensein von Lehrern. Hier ist dringender Handlungsbedarf geboten, das Handwerk wieder attraktiv zu gestalten und unser Bildungssystem kritisch zu hinterfragen. Wir benötigen dringend gut ausgebildetes Fachpersonal und ausreichend Fachbetriebe. Diese dürfen nur von einem Meister geführt werden – und nur Meister dürfen ausbilden. Deswegen ist es dringend erforderlich, die Meisterausbildung zu forcieren. Unter den jetzigen Voraussetzungen ist nicht zu erwarten, dass die Steigerung des EE-Stromanteils auf 80 Prozent erreicht werden kann.

Spätestens 2035 soll laut Plänen der jetzigen Bundesregierung mit dem geplanten Kohleausstieg die komplette Stromversorgung zu 100% auf EE-Strom erfolgen. Im Jahr 2045 soll sogar das gesamte Energiesystem (nicht nur Strom) auf regenerative Energieträger umgestellt werden. Es wird keine Versorgung mehr über Gas geben und die Gaskraftwerke sollen dann auf Wasserstoff umgestellt werden.

Während vergleichbare Staaten wie Frankreich oder Großbritannien die Atomenergie in der Hinterhalt behalten um ihre Klimaziele zu erreichen, geht Deutschland, dem Staat mit dem höchsten Strombedarf in Europa, aufs Ganze. Deshalb ist der deutsche Weg der Energiewende ein sehr ambitioniertes, unter Skeptikern sogar tollkühnes Projekt, zumal der Bedarf an Energie vehement zunimmt.

Fossilen Strom durch erneuerbare Quellen zu ersetzen ist das eine, aber Strom deckt nur einen Teil unseres Energieverbrauchs ab. Auch zum Heizen benötigen wir Energie, z.Zt. überwiegend durch Erdgas. Künftig sollen jedoch im Rahmen des derzeitigen Elektro-Hypes auch Industrie und Verkehr (Autos und LKWs) mit grünem Strom aus erneuerbaren Energien auskommen. Der muss aber bereitstehen. Je früher alles über erneuerbare Energieträger betrieben werden soll, desto mehr grüner Strom ist notwendig. Der Energiebedarf wird gewaltig ansteigen. Ersetzen wir dann neben den Stromfressern im Haushalt auch noch Heizungen und Antriebe mit strombasierten Alternativen, führt das zu zusätzlichem Strombedarf. Der Verbrauch muss aber sinken. Deshalb müssen Häuser gedämmt, Wärmepumpen eingebaut sowie Heizungen und Elektrogeräte durch effiziente Alternativen ersetzt werden. Das kostet eine Menge Geld und ist auch sonst nicht so ganz einfach, denn alle Verbraucher müssen das letztlich auch bezahlen. Das betrifft unsere gesamte Gesellschaft, private und öffentliche Haushalte ebenso wie Industrie, Handel und Gewerbe. Ferner kommen dazu auch noch viele praktische Probleme, nämlich zu wenig Produktionskapazitäten, Fachkräftemangel und viel zu langsame Genehmigungen.

Der Strombedarf wird in Zukunft völlig neue Dimensionen erreichen, so Heun. Der Strom wird für Wärmeerzeugung und im Verkehr immer wichtiger, denn er soll nicht nur Smartphone Akkus leuchten lassen und Rechenzentren bedienen, sondern auch E-Autos und elektrische Wärmepumpen antreiben. Außerdem wird hoffentlich bald auch die extrem stromverbrauchende Produktion von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen anlaufen. Statt wie bisher etwa 500 Terrawattstunden pro Jahr ist lt. Studien davon auszugehen, dass der Strombedarf auf mind. 700 Terrawattstunden pro Jahr, eher sogar auf 1.000 bis 1.500 Terrawattstunden steigt. Selbst wenn wir jeden verfügbaren Zentimeter Land mit Windrädern und Fotovoltaikanlagen bedecken, reicht das nicht aus, um jeden Tag zu jeder Stunde eine stabile Stromversorgung zu gewährleisten. Wir haben nicht jeden Tag ausreichend Sonne und auch nicht jeden Tag ausreichend Wind. Das heißt: Mal produzieren Wind und Sonne große Überschüsse, die das Netz belasten, mal aber auch so wenig, dass wir vorübergehend zu wenig Strom zur Verfügung haben. Das ist das Dilemma. Dann müssen wir Strom importieren.

Der Weiterbetrieb der drei verbliebenen AKWs, wie oft gefordert, ist ohne weiteres längerfristig nicht möglich, weil deren Brennstäbe verschlissen sind und die Anschaffung neuer Brennstäbe zum einen sehr teuer sind (in Millionenhöhe) und zum anderen diese in Russland hergestellt werden. Insofern ist ein längerer Weiterbetrieb der letzten drei AKWs in Deutschland momentan kaum möglich. Zumindest muss der Zeitpunkt des Kohleausstiegs und des Weiterbetriebs von Gaskraftwerken in Hinblick auf die Versorgungssicherheit überdacht werden. Es wäre in diesem Zusammenhang auch sinnvoll zu prüfen, ob die Fracking-Gas Vorkommen in Deutschland nicht genutzt werden können. Wir haben große Vorkommen, aber das ist politisch nicht gewollt. Von den Fracking-Gas Gegnern wird behauptet, dass hier Grundwasser verunreinigt werden können. Das ist mittlerweile wissenschaftlich widerlegt, denn diese Gasvorkommen befinden sich in rd. 6.000 m Tiefe. In dieser Tiefe existiert kein Grundwasser mehr, sodass die Gefahr einer Verunreinigung nicht besteht.

Die Produktion von Wasserstoff aus Ökostrom steckt noch in den Kinderschuhen. Es ist vorgesehen, sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern in den nächsten Jahren mit der industriellen Produktion von grünem Wasserstoff zu beginnen. Allerdings ist es überhaupt noch nicht absehbar, bis wann die vermeintliche Wunderwaffe Wasserstoff tatsächlich im derart großen Stil für die Stromerzeugung bereit steht. Selbst wenn die Produktion überraschend schnell anlaufen sollte, konkurriert der Stromsektor mit anderen Bereichen wie der Stahlindustrie, die ebenfalls einen hohen Bedarf anmeldet. Insofern müssen Kraftwerke, die fossiles Erdgas verbrennen, noch viele Jahre als Reservelösung als Back-up für den Notfall im Einsatz bleiben, wenn die letzten Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, denn Erdgas ist weniger CO²-intensiv als Kohle.

Der Umstieg auf 100% alternative Energien, so viel steht fest, wird sehr zeit- und kostenaufwändig sein. Die jetzige Regierung muss pragmatische Lösungen anstreben und Ideologien so weit wie möglich hinten anstellen. Unsere Gesellschaft muss auf dem Weg zur Energiewende mitgenommen werden, denn sie muss diese Veränderungen akzeptieren, denn der Verbraucher muss zum Umbau des Energiesystems durch sein eigenes sparsames Verhalten beitragen. Damit wäre alles erheblich günstiger und vor allem schneller umzusetzen. Und um das alles bezahlbar zu gestalten, müssen Bund und Länder ausreichend Fördermittel bereitstellen. Wenn die Veränderungen die Menschen finanziell überfordert, wird die Bereitschaft sinken, die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen.

Nach fast 90 Minuten kam Herr Heun zum Ende seines Vortrags und bedankte sich für die Aufmerksamkeit. Er verstand es, dieses sehr komplexe Thema allen Anwesenden kurzweilig und kompetent zu erläutern, und das frei vorgetragen, ohne Redemanuskript. Fragen wurden von ihm verständlich beantwortet. Wir hätten ihm gerne noch ein wenig zugehört, aber das bestellte Essen wartete. Die Besucher der Veranstaltung waren ebenso sehr beeindruckt wie begeistert. Der Vorsitzende der Senioren Union Fulda bedankte sich bei Herrn Heun für diesen informativen und äußerst interessanten Abend.

Fotos von der Veranstaltung: