Der Bundesvorsitzende der Senioren Union, Prof. Dr. Otto Wulff, sieht den zunehmenden Einfluss von Talkshows auf die öffentliche Meinungsbildung sehr kritisch. In den am 29.04.2021 erschienenen Newsletter der Senioren Union nimmt er hierzu in einem öffentlichen Brief Stellung. Wir drucken diesen nachstehend ab:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

es wird Zeit, dass Politik wieder dorthin zurückkehrt, wo sie hingehört, nämlich in die Parlamente als die vom Volk gewählten, gesetzgebenden Vertretungskörperschaften, Raus aus der Show – hinein ins Parlament.

Präsenz und Diskussion bei den diversen Talkshows, von Plasberg, über Maischberger, Illner, Lanz bis zu Anne Will am Sonntag dürfen und können die politische Auseinandersetzung und Willensbildung in den Abgeordnetenhäusern nicht ersetzen. Man hat den Eindruck, dass sich manche Akteure – gleich welcher parteipolitischer Couleur – sich beim Schlangenstehen vor den Studiotüren gegenseitig auf die Füße treten, um ja nicht den nächsten publikumswirksamen Auftritt zu verpassen. Erstaunlich auch, wie widerspruchslos und geduldig so mache impertinenten und dreisten Attacken seitens der Gesprächsleiterinnen und Gesprächsleiter hingenommen werden. Da fällt es selbst dem Zuschauer manchmal schwer, die nötige Contenance zu wahren.

Gehört es eigentlich zum unmittelbaren Aufgabenbereich von Politikern der ersten Reihe sich dem Ruf und dem Diktat der Showmaster/innen widerspruchslos zu unterwerfen? Man fühlt sich in die Zeit der römischen Imperatoren zurückversetzt, die angeblich die Zuschauermengen durch Heben oder Senken des Daumens über das Schicksal der Akteure entscheiden ließen. Ich halte das für keine gute Entwicklung.

Prof. Dr. Otto Wulff, Bundesvorsitzender Senioren Union der CDU Deutschlands

Diesen Ausführungen unseres Bundesvorsitzenden schließen wir uns uneingeschränkt an. Manchmal können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, dass bewusst Gäste zu Talkshows eingeladen werden, bei denen es weniger um die Sache geht, sondern vielmehr ums Provozieren..

Besonders auf der „linken Seite“ gibt es inzwischen eine sehr starke Tendenz, Themen zu zentralen Problemen zu erklären, die für die Mehrheit der Menschen ganz und gar nicht als solche gesehen werden, welche eigentlich nur nervig sind, aber in Talkshows oder im Radio mit einer Intensität diskutiert werden, obwohl sie bei der Mehrheit der Gesellschaft keine Akzeptanz finden. Das frustriert viele, die sich mit Themen, die sie eigentlich bewegen, nicht ernstgenommen fühlen. Diese linke Identitätspolitik und die Cancel Culture (Bestrebung zum Ausschluss von Personen oder Organisationen) nehmen inzwischen irrationale Züge an. Wenn jedoch bestimmte Dinge nicht mehr thematisiert werden dürfen, sondern Tabu sind, dann schadet das dem gesellschaftlichen Diskurs. Das wird besonders deutlich in den Diskussionen im Zusammenhang mit der Asylpolitik, ebenso in der Gendersprache sowohl in den Medien als auch in der Politik. Wer will privat so sprechen? Wie das geradezu versucht wird missionarisch durchzudrücken ist einfach für viele Menschen nervig, denn das hat mit den Lebensgewohnheiten und Lebenswelten der Menschen nicht das Geringste zu tun. Auch die Durchsetzung der Frauenquote ist hier ein Beispiel. Selbstbewusste Frauen sollten sich über Leistung empfehlen, nicht über eine Quote. Je aggressiver diskutiert wird, desto extremer reagiert die Gegenseite.

Der Einfluss der Medien, insbesondere auch der Boulevardpresse auf die Meinungsbildung zeigt sich immer mehr. Eine Rückkehr zu einer unabhängigen und vor allem neutralen Berichterstattung ist wünschenswert- das ist es, was guter und seriöser Journalismus auszeichnet.