Olaf Scholz hat es in der Ukraine-Krise bisher strikt vermieden, bei den Sanktionen gegenüber Russland Nord Stream 2 überhaupt zu erwähnen. Er belässt es bei den allgemeinen Floskeln, dass alle Optionen auf den Tisch kommen. Beim Besuch in Washington war es nicht Scholz der Nord Stream 2 ansprach, sondern Joe Biden machte unmissverständlich klar, dass es kein Nord Stream 2 geben wird. „Wir werden dem ein Ende bereiten“ so Biden. Scholz sagte dazu nichts, denn eines steht fest, die Ukraine-Krise ist für Deutschland schon längst zu einer Energiekrise geworden.

Die Energiepreise sind auf einem Rekordhoch, auch weil Russland die Gasexporte nach Deutschland drosselt. Fakt ist: Rd. 55% der deutschen Gasimporte kommen aus Russland – und viele Gasspeicher in Deutschland sind fast leer, auch weil Gazprom so wenig Gas liefert wie niemals zuvor, aktuell rd. 40% weniger als vor einem Jahr. Putin hat öffentlich erklärt, erst wenn Nord Stream 2 in Betrieb geht, dann wird wieder ausreichend Gas geliefert. Er setzt Gas als Druckmittel ein. Dabei könnte Gazprom sehr hohe Gewinne einfahren wenn es liefern würde. Aber Gazprom liefert nicht und setzt die Regeln der Marktwirtschaft zugunsten der Interessen der russischen Politik außer Kraft. Erdgas wird hier quasi als Waffe eingesetzt. Gazprom ist zu einem politisches Instrument des Kremls geworden.

Die Sendung Monitor hat in ihrer Ausgabe vom 10. Februar 2022 berichtet, dass der Arm der Russen bis nach Deutschland reicht. Die wichtigsten deutschen Erdgasspeicher in Niedersachsen wurden 2015 von Gazprom übernommen. Der Konzern kontrolliert somit mehr als 25% der deutschen Gasspeicher. Durch die Abhängigkeit vom russischen Staatskonzern ist Deutschland politisch erpressbar.

Wie konnte es dazu kommen? 2005 vereinbarten Bundeskanzler Schröder und der russische Präsident Putin das Pipelineprojekt Nord Stream 1. Es wurde erklärt, es handelt sich um ein rein privatwirtschaftliches Projekt. 2011 ging diese Pipeline in Betrieb. 2015 folgte dann der Beschluss zum Bau der Erdgaspipeline Nord Stream 2 – und es hieß wieder, es sei ein reines privatwirtschaftliches Projekt. Die Bundesregierung sah in beiden Projekten nur die wirtschaftliche Perspektive und es wurde auch nur nach wirtschaftlichen Maximen gehandelt, ohne dabei die eingetretenen politischen Veränderungen, die durch die Annexion der Krim dramatisch waren, zu berücksichtigen. Sie wurden einfach ausgeblendet. Auch Olaf Scholz bezeichnete noch vor Kurzem Nord Stream 2 als rein privatwirtschaftliches Projekt. Dass das aber so nicht stimmt zeigt jetzt die Debatte über einen sich möglicherweise anbahnende Krieg in Europa.

Wie weit der Arm des Kremls nach Deutschland greift lässt sich nirgendwo besser beobachten als im Land der SPD Ministerpräsidentin Manuela Schwesig in Mecklenburg Vorpommern. In den letzten Jahren hat sich hier ein Netzwerk von SPD Politikerinnen und Politikern zusammengefunden, die allerbeste Beziehungen nach Russland pflegen. Ein Netzwerk, welches sich besonders darin kreativ erwies zu verschleiern, wer das Sagen beim Bau der Erdgaspipeline Nord Stream 2 hat. Hier ist ein atemberaubendes Täuschungsmanöver zu beobachten, in dem auch Altkanzler Gerhard Schröder eine besondere Rolle spielt. Es geht hierbei um verschleiern, tricksen, tarnen und täuschen.

Die Stiftung Klima- und Umweltschutz des Landes Mecklenburg Vorpommern mit dem Sitz in Schwerin, unmittelbar gegenüber der Staatskanzlei von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, wurde im Januar 2021 in einem Eilverfahren in einer extra kurzfristig einberufenen Dringlichkeitssitzung gegründet. Die Stiftung wirbt für Klimaschutz, Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien. Schaut man sich aber die Satzung der Stiftung etwas genauer an, wird u.a. die vorrangige Beteiligung an der Vollendung von Nord Stream 2 beschrieben. Hieraus erschließt sich, dass diese Stiftung vorrangig ins Leben gerufen wurde, um ausgestattet mit russischem Geld diese Pipeline vor Sanktionen zu schützen. Eine vermeintliche Klimaschutzstiftung, um die klimaschädliche Nord Stream 2 Pipeline fertigzustellen, sodass noch mehr russisches Gas nach Deutschland fließen kann? Also es geht um reinen Etikettenschwindel – alles auf eine Initiative der Landesregierung Mecklenburg Vorpommerns zurückzuführen. Das ist ein skandalöser Vorgang, eine Irreführung des Landtages als Entscheidungsinstanz.

Umweltverbände betrachten dieses als ein durch die Landesregierung initiiertes gewaltiges Täuschungsmanöver. Dass eine solche Stiftung übers Knie gegründet wurde und die Landesregierung diese innerhalb von 24 Stunden durch die Stiftungsaufsicht genehmigen ließ zeigt deutlich das eigentliche Interesse der Landesregierung, diese Tarnorganisation für Nord Stream 2 sehr schnell ins Leben zu rufen, ohne dass im Vorfeld große Diskussionen entstehen. Dass alles schnell gehen musste hatte den Grund, dass die USA Sanktionen an alle Unternehmen verhängte, die sich am Bau dieser Pipeline beteiligen. Eine landeseigene Stiftung hingegen ist von diesen Sanktionen ausgenommen. Welche Interessen bei dieser Stiftung im Spiel sind wird deutlich durch die Geldgeber: Diese sind das Land Mecklenburg Vorpommern mit 200.000 €. Weitere 20.000.000 €, also zehn mal so viel, kommen von der Nord Stream 2 AG, eine Tochter von Gazprom. Nochmals 40 Mio € sollen folgen, sobald die Pipeline in Betrieb geht. Das bedeutet im Klartext: Hinter dieser Stiftung verbirgt sich der russische Staatskonzern Gazprom! Das Ziel ist, das Projekt Nord Stream 2 voranzubringen. Der Chef von Nord-Stream 2 ist der Ostdeutsche Matthias Warning, der einst von der Stasi als Industriespion in der Bundesrepublik eingesetzt war und ein enger Putin-Vertrauter ist. Der ehemalige Ministerpräsident von Mecklenburg Vorpommern Erwin Sellering erklärte kürzlich dem Nachrichtenportal T-Online: Bei der Stiftung gehe es darum, „den völkerrechtswidrigen Einschüchterungsversuchen einer Großmacht (gemeint ist die USA) zu begegnen“. Er muss es ja wissen, denn er leitet die Geschicke dieser Stiftung als Vorsitzender. Es bestätigt damit, dass es vorrangig darum geht, die Sanktionen der USA auszuhebeln.

Ministerin Schwesig erklärte hierzu auf Facebook: „Wir räumen der Stiftung die Möglichkeit ein, der Ostseepipeline zu helfen. Sie wird die Pipeline nicht bauen und auch nicht betreiben. Sie kann einen kleinen Beitrag leisten die Pipeline zu unterstützen.“ (Quelle Staatskanzlei MV (Facebook) 06-01-2021). Wie klein dieser Beitrag aber tatsächlich ist wird dadurch deutlich, dass die Stiftung sogar Schiffe erwirbt und anstelle von Nordstream2 (NS2) Aufträge für das Pipelineprojekt an Dienstleister und Zulieferer vergibt. Die Schiffe werden zur See geschickt und für den Bau der Pipeline insbesondere für Materialanlieferungen eingesetzt.

Auch macht sie Verträge mit Firmen, die dann, wie in Rostock Anfang 2021 geschehen, offiziell für den Klimaschutz Hafenkai-Anlagen pachten um den Umschlag von Offshore Windkraftanlagen zu organisieren. Tatsächlich aber legen dort Schiffe an und ab, die an der Fertigstellung der Pipeline beteiligt sind. So wurden auch die Gremien der Stadt Rostock durch die Landesstiftung Klima- und Umweltschutz MV hinters Licht geführt genauso wie die Opposition im Landtag, die sich hintergangen, getäuscht und falschinformiert fühlt.

Die daran beteiligten Firmen müssen keine Strafen wegen möglicher Sanktionen fürchten, denn das Land Mecklenburg Vorpommern hat über die Stiftung seinen Schirm aufgespannt. Als die Stiftung gegründet wurde sprach der ukrainische Botschafter in Berlin von einem unglaublichen Gasspektakel aus Mecklenburg Vorpommern, das ihn an „Schummel-Lieschen und Hütchenspieler“ erinnere. Transparency International Deutschland betrachtet diese Konstruktion unter dem Aspekt der Geldwäsche-Compliance als „nicht nur gewagt, sondern rechtsmissbräuchlich“.

Die Pipeline Nord Stream 2 ist nahezu fertiggestellt. Dass wäre ohne das gut funktionierendes Netzwerk von SPD – Politikern wie die Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und deren Vorgänger Erwin Sellering, der jetzt als Vorsitzender dieser Klima- und Umweltschutzstiftung deren Geschicke leitet, nicht möglich gewesen. Sellering unterhält enge Beziehungen nach Russland, ist hoch dekoriert von der russischen Regierung. Er rief den Russlandtag ins Leben. Gerne dabei gesehen auch Altbundeskanzler Gerhard Schröder, heute größter Gaslobbyist für Russland und enger Freund Putins. Schröder ist Chef des Aufsichtsrats des staatlichen Energiekonzerns Rosneft, Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Nord Stream 2 AG und jetzt nominiert für einen Sitz im Aufsichtsrat bei Gazprom. Auch Matthias Platzeck, ehemaliger SPD Vorsitzender und früherer Ministerpräsident Brandenburgs, Vorsitzender des deutsch-russischen Forums, gehört zu dem erlesenen prorussischen Kreis. Auch der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Rolf Mützenich, macht keinen Hehl aus seiner russlandfreundlichen Haltung. Das erklärt auch, warum sich Olaf Scholz hinsichtlich Nord Stream 2 nicht äußert.

Für die Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2 fehlt jetzt nur noch die Betriebsgenehmigung. Aber das dürfte jetzt wohl auch kein Problem mehr verursachen.

Monitor hat hierüber am 10. Februar 2022 einen ausführlichen Bericht gebracht, auf den ich mich u.a. beziehe. Er ist in der Mediathek abrufbar. Der Moderator der Sendung, Georg Restle, wies abschließend allerdings darauf hin, dass die Vorwürfe von der Landesregierung bestritten werden. Sie ist in ihrer Stellungnahme aber nicht auf die Stiftung selbst eingegangen.