Die Corona Proteste der sog. „Querdenken“-Bewegung auf der Straße sind in letzter Zeit merklich weniger geworden. Die führenden Köpfe dieser Bewegung, die Moderatorin Eva Herman, der „Querdenken“-Mitgründer Michael Ballweg, der Blogger Boris Reitschuster oder der Arzt und Aktivist Bodo Schiffmann nutzten die Verschwörungsszene um ordentlich Geld zu verdienen.

Verschwörungstheorien haben seit Beginn der Corona-Krise Hochkonjunktur. Der Verfassungsschutz geht davon aus, dass allein der „Querdenken“-Bewegung mehr als 100.000 Menschen angehören. Diese Menschen folgen den sogenannten Aktivisten Michael Ballweg und Bodo Schiffmann und informieren sich bei den Bloggern wie Boris Reitschuster und Eva Herman. Einige Versammlungen bzw. Demos endeten in der letzten Zeit jedoch nur noch mit wenigen Teilnehmern, die aus Frust über die enttäuschende Resonanz sogar in Tränen ausbrachen. Auch wurden Demonstrationen der Bewegung nicht mehr genehmigt, da die Gewaltbereitschaft der Teilnehmer, besonders aus der rechten Ecke, nicht mehr beherrschbar war. Die führenden Köpfe der Szene bleiben dennoch umtriebig – auf ihre Art, im Netz. Sie werben aggressiv um Spenden, verkaufen Fanartikel oder mutieren zu Werbeträgern. Die Summen die sie verdienen sind öffentlich nicht einsehbar, aber es gibt Hinweise, dass einzelne Akteure dieser Szene mittlerweile ein beträchtliches Vermögen angehäuft haben.

Die Welt am Sonntag hat in ihrer Ausgabe vom 18. Juli 2021 über die Aktivitäten der Vorgenannten berichtet. Dieser Bericht ist Grundlage dieses Beitrages. Eva Herman, bis 2007 Tagesschau Sprecherin, gehört zu den Ikonen der Verschwörungsszene. Ihren Telegram-Kanal haben mehr als 180.000 Follower abonniert. Sie lesen mit, wenn Herman Corona anzweifelt oder von einer Invasion der Migranten warnt. In ihrem Kanal taucht noch eine andere Nachricht auf: Es gebe Pasta-Carbonara aus dem Plastikbeutel als Survival Food für 5,99 € pro Portion als angeblich perfekte Krisenvorsorge – per Mausklick zu kaufen. Dieser Link führt zu einem Shop des Kopp-Verlages, der vor allem bekannt ist für den Verkauf rechtsextremer oder verschwörungstheoretischer Schriften. Ob und wieviel Provision Herman bei Bestellungen im Kopp-Shop erhielt ist nicht bekannt. An manchen Tagen verweist sie gleich zehn mal auf diesen Shop. Sie hat über Tausend solcher Links mit ihren Anhängern geteilt. So viel Begeisterung für Plastiktüten-Pasta und Bio-Vollmilchpulver aus der Dose ist allerdings ohne finanziellen Anreiz kaum vorstellbar. Eine Anfrage der Welt hierzu blieb unbeantwortet.

„Querdenken“ Mitbegründer Michael Ballweg hat bereits früh erkannt, welch finanzielles Potential in den Verschwörungstheorien steckt. Als im Mai 2020 mehrere Lastwagen seines Technikteams ausbrannten, führte dieser Vorfall zu einer bemerkenswerten Solidaritätswelle. Innerhalb weniger Tage spendeten seine Anhänger 225.000 EURO. Die Polizei bezifferte den Schaden allerdings auf lediglich rd. 70.000 EURO. Auf der Internetseite von „Querdenken“ befinden sich gleich mehrere Möglichkeiten, die Bewegung zu unterstützen. Mit Bewegung meint Ballweg natürlich sich selbst. Neben mehreren Bitcoin-Adressen und einem Privatkonto ist auch seine PayPal-Adresse angegeben. Dazu heißt es: „Als Betreff bitte SCHENKUNG angeben“. In dieser Szene sind Schenkungen das Mittel der Wahl. Sie gelten laut Gesetz als „freigiebige Zuwendung“ und der Gesetzgeber hat anders als bei Spenden keinen Einfluss darauf, was mit dem Geld passiert.

Für Schenkungen gilt, dass man nicht aktiv dafür werben darf. So hatte Querdenken für den 1. August wieder zu einer Demo in Berlin aufgerufen. In einem Video, welches mit melancholischer Musik hinterlegt war, sollten die bisherigen Erfolge der Bewegung verdeutlicht werden und in diesem erklärt Ballweg: „Wir sind sehr dankbar für jede Schenkung“ und gibt dabei seine IBAN an. Wie geschäftstüchtig Ballweg ist zeigt auch ein Blick ins Markenregister. Dort hat er 19 Marken rund um den Begriff „Querdenken“ gesichert und verdient somit an Shirts und Tassen mit dem Logo der Bewegung.

Boris Reitschuster, ein Journalist, der für den Focus 15 Jahre lang aus Moskau berichtete, feiert als Blogger große Erfolge. Er gehört zwar nicht direkt zu „Querdenken“, doch auch ihn haben fragwürdige Thesen zum Pandemiegewinner gemacht. Er wird als eine der wichtigsten Quellen von Verschwörungsnarrativen für die postsowjetischen Corona-Leugner angesehen. Die Reichweite des einst beschaulichen Blogs Reitschuster.de ist in der Pandemie steil bergauf gegangen. Heute kann diese Seite bei den täglichen Aufrufen mit kleineren etablierten Medienmarken konkurrieren. Reitschuster befeuert auf Grundlage zweifelhafter wissenschaftlicher Argumente Skepsis am Coronavirus und seiner Gefährlichkeit und warnt vor schweren Nebenwirkungen von Impfungen. Er schreibt, Deutschland habe bereits den Weg der Demokratie verlassen. Der Web-Analysedienst „Similarweb“ sieht seine Webseite: Reitschuster.de , unter den 1000 am besten besuchten Seiten Deutschlands. Finanziert wird sein Blog neben Werbung auch durch freiwillige Unterstützer. Sogenannte Seitenpaten zahlen monatlich einen festen Betrag von bis zu 50 EURO. Als eine Bank Reitschusters Konto kündigte, bittet ein AfD-Politiker bei Twitter um die neuen Kontendaten, um seinen Dauerauftrag umzustellen. Die Zuwendungen reichen für ein gutes Leben. Videos, die er für seine Webseite aufnimmt, zeigen ihn auf dem Balkon seiner Wohnung im Berliner Westen, von Maklern als „Luxusneubau“ beworben.

Andere Köpfe der Szene haben sich mittlerweile ins Ausland abgesetzt. „Querdenken“-Pionier Bodo Schiffmann zeigte sich über Wochen hinweg immer wieder in Tansania. Früher war er ein angesehener Experte für Schwindelerkrankungen, heute schwadroniert er – nachweislich falsch – von Kindern, die durch das Tragen von Schutzmasken gestorben seien. Die Villa in Arusha, die in mehreren Videobotschaften zu erkennen war, kostet laut Recherche von T-Online pro Tag mehr als 400 Dollar. Dass Schiffmann, gegen den laut Medienberichten in Deutschland mehrere Verfahren unter anderem auch wegen Volksverhetzung laufen nur wenig später um Geld bat, um damit angebliche Außenstände in Höhe von 103.000 EURO auf seinem Geschäftskonto auszugleichen, machte seine Anhänger nicht stutzig. Keine zwei Tage später verkündete er, dass sein Konto nach eingegangenen Geldgeschenken nun nur noch mit 5.600 EURO im Minus sei. Etwas später meldete er sich bei Telegram zu Wort und erklärte, die Unwetter in Teilen Deutschlands seien schrecklich und es würde lange dauern, bis staatliche Hilfen ankämen. Er habe deswegen angefangen, via PayPal Geld zu sammeln. Wer dann das Geld am Ende bekommt, darüber werde noch abgestimmt. Bereits in den ersten sieben Stunden kamen rund 20.000 EURO zusammen.

Mit den Corona-Protesten geht es bergab. Aber die führenden Köpfe dieser Szene haben bereits weitere Wege gefunden, um Geld zu verdienen. Leider gibt es immer noch viel zu viele, die diesen selbsternannten Aktivisten hinterherlaufen.