„Mittendrin“ ist das Ruhrgebiet angesiedelt – in der Mitte Europas, als eines seiner größten Ballungszentren. Nirgendwo sonst kommt man so schnell von einer Stadt in die andere, oft ohne es wirklich zu merken, denn hier sind die Städte miteinander verbunden. Das Ruhrgebiet war einst verschrien als die schmutzigste Region in Deutschland, aber der „Ruhrpott“ hat sich enorm entwickelt. Die vielen qualmenden Schornsteine der großen Industrie- und Bergbaubetriebe, die einst das Bild prägten, sind weitestgehend verschwunden. Das Ruhrgebiet hat sich in eine grüne Kulturlandschaft verändert. Der Strukturwandel ist deutlich sichtbar. Aus Industrie wurde Kultur – und die Route „Industriekultur“ ist DER touristische Anziehungspunkt.
Die Anreise am 29. Oktober 2021 führte uns nach Rhöndorf mit dem Besuch des Adenauerhauses. Wir waren erstaunt, wie relativ bescheiden er wohnte. Die privaten Wohnräume spiegelten seine bürgerliche Wohnkultur wieder. Die Ausstellung erinnerte mit Dokumenten, Filme, Fotos und Bilder an das Leben und Wirken Konrad Adenauers, der von 1876 bis 1967 lebte. Er war Gartenfreund und Rosenliebhaber, Tüftler und Erfinder sowie leidenschaftlicher Krimileser und Boccia-Spieler. Von 1917 bis 1933 war er Oberbürgermeister von Köln und von 1949 bis 1963 erster Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Seit 1935 lebte er mit seiner Familie in Rhöndorf und er erwarb 1937 das Grundstück am damaligen Zennigsweg 8c, welches er mit einem zweistöckigen Wohnhaus bebaute, in dem er am 19. April 1967 auch verstarb.
Danach ging die Fahrt weiter nach Königswinter und wir fuhren mit der Zahnradbahn auf den Drachenfels mit seiner weit sichtbaren Ruine der Burg aus dem Jahre 1167 auf dem Gipfel. Dieser ist 321m hoch und man hat von dort einen einzigartigen Blick über das Rheintal. Die Zahnradbahn wurde 1883 eingeweiht. Der Name kommt jedoch nicht von einem Drachen, sondern von dem Gestein Trachyt, welches hier bereits zur Römerzeit abgebaut wurde. Der Kölner Dom ist das in Deutschland bekannteste Bauwerk aus Trachyt, welcher damals vom Drachenfels abgebaut wurde. Der Drachenfels gehört zu den am meisten besuchten Bergen Europas.
Weiter ging es in die ehemalige Hauptstadt Bonn und zwar in das Haus der Geschichte. Hier werden auf einer Fläche von ca. 4000 qm die spannende und vielseitige Zeitgeschichte Deutschlands seit 1945 vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis heute in mehr als 7000 Ausstellungsstücken, interessanten Medienstationen, Erinnerungen von Zeitzeugen und einzigartigen Gegenständen der Nachkriegszeit eindrucksvoll präsentiert. Die Ausstellung beginnt mit den Nachkriegsjahren, Neuanfängen und der Teilung Deutschlands bis hin zur Wiedervereinigung. Es wird gezeigt, wie unterschiedlich die beiden deutschen Staaten sich entwickelten und wie die Wiedervereinigung zustande kam.
Das Alltagsleben aus mehreren Generationen wird mit originalen Möbeln dargestellt und sogar die Musikbox mit den Schlagern der 50er und 60er, noch die funktionierte und wir haben sie ausprobiert und alte Schlager gehört, sowie die typische Eisdiele dieser Zeit konnten betrachtet werden und riefen Erinnerungen wieder wach. Auch Originalobjekte wie der Rednerpult des damaligen Bundestages in Bonn und die Stühle der Abgeordneten sind dargestellt. Ebenso alte Fahrzeuge wie die BMW Isetta oder der VW Hippie-Bulli, ebenso Motorräder wie eine alte Zündapp waren zu bestaunen. Eine Lebensmittelausstellung zeigte die Essgewohnheiten und Kochbücher dieser Zeit und machte deutlich, wie sich die Gewohnheiten in den letzten Jahren doch stark verändert haben.
Auch mit der RAF, der 68er-Bewegung und der Grünen-Bewegung setzt sich die Ausstellung eindrucksvoll auseinander, ebenso mit den Entwicklungen der ehemaligen DDR, dem Aufstand am 17. Juni 1953, dem Embargo des Ostens gegen West-Berlin und den Rosinenbombern der Amerikaner zur Versorgung der Bevölkerung durch die Luft, dem Bau der Mauer sowie der Errichtung der Befestigungsanlagen der innerdeutschen Grenze.
Aus der Geschichte der ehemaligen DDR:
Der zweite Tag der Reise führte uns unmittelbar ins Herz des Ruhrgebiets. Leider war der Gasometer in Oberhausen wegen Renovierung nur von außen zu besichtigen. In Oberhausen ist ein großes Einkaufszentrum entstanden und die Gelegenheit zum „Shoppen“ wurde gerne angenommen. Anschließend wurde in einem urigen Lokal in Essen, der „Essener Dampfe“, eine Dampfbierbrauerei, die Mittagspause eingelegt, um sich danach in einer sehr interessanten Führung in der Zeche „Zollverein“, der ehemals größten Steinkohlezeche der Welt, über den Strukturwandel hautnah zu informieren.
Die Zeche wurde bereits 1986 stillgelegt und ist heute das flächenmäßig größte Denkmal der Stadt Essen. 2001 wurden die Schachtanlagen 12 und 1/2/8 sowie die Kokerei Zollverein in die Liste der UNESCO – Kultur- und Naturerbe der Welt aufgenommen. Früher wurde in der Zeche malocht, heute ist das Gelände ein Tourismusmagnet und ein internationaler Begegnungspunkt sowohl für Kulturprojekte wie die internationale Weltmusikmesse „WOMEX“ oder die „ExtraSchicht“ sowie die Kunstmesse „contemporary art ruhr (CAR). Die Zeche Zollverein gilt als eines der imposantesten Industriedenkmäler der Welt mit jährlich ca. 1,5 Mio Besucher. Vor allem im Sommer bietet das Welterbe-Gelände zahlreiche Veranstaltungen wie Konzerte, Open-Air Kino oder auch ein Gourmet Festival an.
In einer Führung wurde das Leben und die schwere Arbeit der „Kumpels“, die bei ihrer Arbeit auf Gedeih und Verderben aufeinander angewiesen waren wie in kaum einem anderen Beruf, eindrucksvoll an den verschiedenen Stationen beschrieben. Wenn Bergleute in den Ruhestand gingen, waren sie meist krank und viele von ihnen kamen leider nicht mehr dazu, diese Zeit noch richtig zu genießen.
Der Abend klang dann nach einem Rundgang durch die Düsseldorfer Altstadt in einer typischen gemütlichen Düsseldorfer Altstadt-Gaststätte „Frankenheim Alt“ am Burgplatz aus. Das pulsierende Nachtleben an der „längsten Theke der Welt“ war bei einem Bummel durch die Partymeile überall gegenwärtig.
Am nächsten Tag ging es dann nach Wuppertal. Die Stadt ist weltweit bekannt für seine Schwebebahn. Die 13,3 km lange Bahn ist das Wahrzeichen der Stadt. Auf den ersten 10,6 km folgt die Bahn in etwa zwülf Metern Höhe dem Lauf der Wupper flussabwärts. Auf Höhe des Stadions am Zoo verlässt sie die Wupper, überquert die Bundesstraße 228 und legt die restlichen 2,7 km bis zur Endhaltestelle „Vohwinkel Schwebebahn“ in ca. acht Metern Höhe zwischen den Häusern entlang verschiedener Straßen zurück. Sie bedient dabei 20 Haltestellen, von denen aus viele Sehenswürdigkeiten gut zu Fuß erreicht werden können. Die Wuppertaler Schwebebahn gehört zum öffentlichen Personennahverkehrssystem Wuppertals und wurde am 1. März 1901 eröffnet. Täglich nutzen über 80.000 Menschen dieses Verkehrsmittel, welches eine beliebte Attraktion für Touristen darstellt.
Danach stand der Besuch von Köln auf dem Programm. Unser Reiseleiter Werner Seifert, der über ein phänomenales Wissen verfügt, führte uns durch die Stadt, erklärte die Sehenswürdigkeiten und machte auch einen Rückblick auf die Geschichte der größten Stadt in NRW mit ca. 1,1 Mio Einwohnern. Köln ist nach Berlin, Hamburg und München die viertgrößte Stadt Deutschlands.
Der Name der Stadt, Colonia Claudia Ara Agrippinesium geht auf den römischen Kaiser Agrippina zurück. Die Gattin von Claudius wurde am Rhein geboren und sorgte dafür, dass der Siedlung im Jahre 50 n.Chr. die Stadtrechte verliehen wurden. In der Römerzeit war Köln Statthaltersitz der römischen Provinz Germania.
Im Frühmittelalter war Köln bereits eine bedeutende Stadt. Im Jahr 455 eroberten sie die Franken. Bis Anfang des 6. Jahrhunderts war Köln Hauptort eines selbständigen fränkischen Teilkönigreiches. Im Hochmittelalter galt Köln mit rd. 40.000 Einwohnern als die größte Stadt des deutschsprachigen Raums. Sie war die einzige große freie Reichsstadt des alten Reiches, die nicht zum evangelischen Bekenntnis überging. Mit dem Einzug französischer Truppen am 6. Oktober 1794 während der Koalitionskriege endete die Geschichte der freien Reichsstadt.
Das Rheinland mit der Stadt Köln wird nach den Befreiungskriegen 1815 infolge des Wiener Kongresses Teil des Königreich Preußens. Köln wurde nicht zuletzt wegen des Engagements der Kölner Bankhäuser im Laufe der folgenden Jahrzehnte zur wichtigsten Stadt Preußens nach Berlin. Im Jahre 1880 wurde nach 632 Jahren auf Betreiben des preußischen Königs und deutschen Kaisers der Bau des Kölner Doms weitgehend abgeschlossen.
Am 28. September 1917 wurde Konrad Adenauer erstmals zum Oberbürgermeister der Stadt gewählt. In seine Amtszeit fallen u.a. die Anerkennung der grüßten Musikschule Deutschlands und die Ansiedlung des damals größten Arbeitgebers in Köln, die Ford Werke in 1929. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 13. März 1933 beurlaubten diese Adenauer. Am 17. Juli 1933 entließen sie ihn endgültig aus diesem Amt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Innenstadt in 262 Luftangriffen mit mehr als 90 % zerstört, auch der Kölner Dom erlitt schwere Schäden. Am 5. März 1945 erreichte dann die US-Armee die Stadt und begann sofort mit der Besetzung des linksrheinischen Teils. Die Besetzung des rechtsrheinischen Teils erfolgte erst einige Wochen später. Am 4. Mai 1945 erfolgte die Wiedereinsetzung von Konrad Adenauer als Oberbürgermeister der Stadt durch die amerikanische Militärregierung. Er übte dieses Amt aber nur kurz bis zum 6. Oktober 1945 aus.
Der Kölner Dom mit seinen zwei 157 m hohen Türmen ist das Wahrzeichen der Stadt. Die UNESCO hat ihn in 1996 zu einem der größten europäischen Meisterwerke gotischer Architektur und zum Weltkulturerbe ausgezeichnet. Besonderes Aufsehen erregte das 2007 eingeweihte Südquerhauptfenster von dem Künstler Gerhard Richter. Unser Reiseleiter kann sich damit überhaupt nicht anfreunden, da es so aussieht, als hätte man bunte Glassplitter wahllos über eine Glasscheibe verteilt, was auch ein Kind im Kindergartenalter ohne Probleme hinbekommen kann – aber über Kunst lässt sich ja bekanntlich streiten.
Auch die Altstadt mit ihrer einmaligen Atmosphäre direkt am Rhein und einer Mischung aus Restaurants, Kneipen, Brauhäusern, Geschäften und Plätzen, eingebettet zwischen alten Häusern und kleinen Gassen mit historischem Flair, ist ein Anziehungspunkt sowohl für Einheimische als auch für Touristen und war bei dem schönem Wetter voller Leben – ob alt oder jung, es herrschte ein reges Treiben. Interessant ist auch der stark frequentierte Platz direkt über der Philharmonie. Bei Konzerten darf dieser Platz nicht betreten werden. Ordner achten darauf, dass die Musiker und Konzertbesucher in dem unmittelbar darunter liegenden Konzertsaal durch die Tritte der Fußgänger nicht gestört werden – man hört sie nämlich. Zum Abendessen ging es dann in das rustikale Kölner Traditions-Brauhaus Früh und anschließend zurück mit dem Bus ins Hotel nach Düsseldorf.
Der 4. Tag war der Rückreistag. Die Fahrt nach Hause führte uns nach Gelsenkirchen zu einer Führung durch die Veltins Arena „Auf Schalke“, der Heimspielstätte des FC Schalke 04. Sie wurde im August 2001 nach knapp dreijähriger Bauzeit fertiggestellt und ist das meistbesuchte Stadion in Deutschland. Sie fasst 62.271 Zuschauer, bei internationalen Spielen aufgrund des Stehplatzverbotes sind nur 54.740 zugelassen. Die Arena dient auch als Veranstaltungsort für Konzerte, Opern und andere Veranstaltungen. Ein Highlight ist auch der Biathlonwettbewerb im mit 52.000 Zuschauern ausverkauften Stadion zum Jahresende mit den besten Biathleten der Welt. Hierfür werden ca. 5.000 cbm Schnee mit LKWs angefahren.
Die Führung durch diese Arena wurde von einer sehr engagierten Stadion-Führerin durchgeführt, der man deutlich anmerkte, dass sie den FC Schalke lebt. Die Arena hat rd. 191 Mio. EURO gekostet und ist Eigentum vom FC Schalke 04. Beeindruckend ist, dass der Rasen nach jedem Spiel komplett aus dem Innenraum der Arena rausgeschoben werden kann. Er liegt in einer 118 m langen und 79 m breiten Wanne und kann auf einer Strecke von 340 m (hin und zurück) bewegt werden. Es dauert 6 – 8 Stunden die 11.000 Tonnen schwere Wanne vor jedem Spiel Stück für Stück an ihren Bestimmungsort zu schieben. Das geschieht auf teflonbeschichteten Stahlschienen, auf der diese Wanne gleitet. Zwischen den Spieltagen lagert der Rasen im Freien, damit er natürlich wachsen kann. Er wird dabei mit UV-Licht bestrahlt.
Das Dach der Arena kann komplett geschlossen werden. Damit ist es möglich, eine breite Palette von Veranstaltungen durchzuführen, ohne auf das Wetter achten zu müssen. Auch kann die Südkurve des Stadions eingeklappt werden. Sie ist verschiebbar und dank einer ausgeklügelten Metallkonstruktion ist es möglich, ein Teil des Untergangs umzuklappen und unter den Oberrang zu schieben. Auf einer Länge von 16 Metern kann man so die Tribüne durch einen hydraulischen Antrieb nach hinten schieben. Dieser Vorgang dauert rd. 16 Minuten und schafft zusätzlichen Platz für 5.000 Besucher.
Im Innenbereich konnten wir die Umkleideräume, den Presseraum sowie den VIP-Bereich u.a. mit dem LaOla-Club, dem GlückAuf-Club besichtigen. Dabei ist interessant, wie die Bierversorgung funktioniert. Das Bier wird in einer fünf Kilometer langen Pipeline an die Zapfhähne im Stadion verteilt, die alle an dieses Rohrsystem abgeschlossen sind. Das Pils, natürlich Veltins, wird in 52 Tanks je 1.000 Liter gelagert und damit es schön kühl bleibt, gibt es vier Kühlzentren – das größte mit 16.000 Litern liegt direkt unter der Haupttribüne. Weitere Kühlräume gibt es in der Nordostkurve, der Südostkurve und nahe der Südtribüne. Im Durchschnitt werden während eines Heimspiels 30.000 Liter Bier getrunken und über 126 Zapfhähne ausgeschenkt. Diese Bierpipeline ist die längste der Welt und erfordert einen hohen Reinigungsaufwand.
Der Preis für eine VIP-Dauerkarte liegt im 6-stelligen Bereich. Der Verein steht auch in der 2. Liga zur Zeit noch relativ gut da. Für die Zweitligasaison 2021/2022 wurden 40.000 Dauerkarten verkauft. Für den Club, so unsere Stadionführerin ist der sofortige Wiederaufstieg aus wirtschaftlichen Gründen allerdings enorm wichtig. Der FC Schalke hat im vorigen Jahr durchschnittlich 1.640 Menschen beschäftigt und ist damit auch ein großer Arbeitgeber. Wird der Wiederaufstieg nicht geschafft, bedeutet das ein drastischer Rückgang von Einnahmen und damit verbunden das Einleiten von Sparmaßnahmen, auch bei den Personalkosten.
Nach der rd. 90-minütigen äußerst interessanten Führung ging es dann mit vielen neu gewonnenen Eindrücken und der Erkenntnis, dass erfolgreicher Strukturwandel durchaus funktionieren kann, wenn man sich hierfür ausreichend Zeit lässt und dabei die Menschen mitnimmt, auf die Rückreise nach Fulda.
Diese Fahrt wurde von der Fa. Happ, Flieden, hervorragend organisiert und durchgeführt. Wir danken der Fa. Happ für die Organisation, sowie dem Busfahrer Hartmut Jäger und dem Reiseleiter Werner Seifert für die kompetente Begleitung und Durchführung dieser Reise.