Es ist oberster Grundsatz der öffentlichen Verwaltung – staatliches Handeln hat ausschließlich nach geltendem Recht zu erfolgen. Dabei sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich (Art. 3 des Grundgesetzes). Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (Art 5 (1). Dieses Rechte findet allerdings seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. (Art 5 (2). Das Recht der Versammlungsfreiheit wird in Art. 8 GG garantiert, jedoch kann dieses Recht nach Abs. 2 für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz eingeschränkt werden.

Das Versammlungsgesetzes regelt in § 14, dass solche Veranstaltungen mindestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe bei der zuständigen Behörde anzumelden sind. Wenn erkennbar ist, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Durchführung unmittelbar gefährdet ist, kann die Veranstaltung gem. § 15 VersammlG verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden. Das sind die rechtlichen Rahmenbedingungen von Demonstrationen.

In Hessen haben am Wochenende vom 22./23. Januar 2022 sogenannte Klimaaktivisten durch Abseilaktionen Autobahnen blockiert. Betroffen war auch die A 7 bei Fulda in der Gemeinde Künzell am Vormittag des 23. Januar. Durch Abseilen von zwei Teilnehmern der Demo an einer Autobahnbrücke in der Gemeinde Künzell nahe Keulos wurde die Autobahn über mehr als zwei Stunden blockiert. Etwa 100 Demonstranten nahmen an der Aktion teil und forderten dabei u.a., Autos gänzlich abzuschaffen und warfen der Bundesregierung autokratisches Verhalten vor. Das sind zwar abstruse Gedankengänge, aber in einer Demokratie sind diese durch das Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt. Gegen geltendes Recht verstoßen allerdings die Aktion des Abseilens zweier Demonstranten – und das hätte unterbunden werden müssen.

Erstaunlicherweise wurde diese Aktion von der Gemeinde Künzell als örtlich zuständige Behörde genehmigt. Diese hatte wohl lt. einem Bericht vom 24. Januar in der Fuldaer Zeitung zufolge geprüft, ob diese Aktion untersagt werden sollte und entschied sich letztlich für eine Genehmigung, aus Sorge um einen aufwendigen Rechtsstreit. Nach geltendem Recht hätte die Gemeinde Künzell diese Demonstration nicht genehmigen dürfen, denn es lag der strafrechtliche Tatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr vor, der nach § 315b StGB mit Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren oder Geldbußen zu bestrafen ist. Diese Aktion wurde wohl vorher bereits von den Initiatoren der Demo angekündigt.

Die Begründung der Sorge um einen aufwendigen Rechtsstreit ist ein Armutszeugnis für rechtskonformes Verhalten einer Behörde. Auch für Aktionen sog. Klimaaktivisten ist geltendes Recht anzuwenden, unabhängig davon, wie man zum Klimaschutz steht. Aktionen zum Klimaschutz sind kein Freibrief für rechtswidriges Handeln. Leider ist immer wieder festzustellen, dass gerade bei Aktionen für den Klimawandel das Recht mehr als großzügig ausgelegt wird. Ja, Klimaschutz ist ein wichtiges Thema, aber keine Rechtfertigung für rechtswidrige Aktionen wie Blockieren von Autobahnen, widerrechtliche Besetzung von Wäldern, Angriffe auf Polizeibeamte wie im Dannenröder Forst, wo mehrere Polizisten verletzt wurden. Ein funktionierender Rechtsstaat darf und kann ein solches Verhalten nicht dulden. Bei diesen Aktionen geht es nicht mehr um friedliches Demonstrieren, sondern sie sind auch unter strafrechtlichen Gesichtspunkten zu bewerten.

In Künzell wurde nicht nur für eine Verkehrswende und den Klimaschutz demonstriert, sondern auch noch für die Angeklagten, gegen die jetzt ein Verfahren wegen strafrechtlich relevanter Protestaktionen im Zusammenhang mit dem Dannenröder Forst laufen. Dabei kam es zu Abseilaktionen auf der Autobahn nahe Wiesbaden, die ein Verkehrschaos verursachten und Angriffe auf die Polizei.

Die FZ berichtet ferner, dass Künzells Bürgermeister ebenfalls in Keulos vor Ort war um die Aktion zu verfolgen. Er kritisierte diese Proteste und wird in der Zeitung zitiert: „Für einen normal denkenden Menschen ist das ein sehr starker Eingriff in den Straßenverkehr und es habe ihn auch ein Stück weit erschrocken, dass eine solche Abseilaktion, bei der Menschen gefährdet würden, überhaupt möglich sei.“ War das nicht von vornherein zu erwarten, ja es war sogar angekündigt und es stellt sich somit die Frage, warum seine Verwaltung hier einknickte und die Genehmigung dieser Aktion nicht von vorne herein versagte. Das ist nicht nachvollziehbar.

Immerhin war ein großes Polizeiaufgebot vor Ort und es kam zu keinen weiteren Störungen. Die Polizei ist wegen vieler Demonstrationen in den letzten Monaten extrem stark belastet – und nicht alle dieser Demonstrationen laufen so friedlich ab wie diese. Polizistinnen und Polizisten haben Familien und auch ein Privatleben. Die enorm vielen Überstunden sind für beides eine enorme Belastung. Außerdem müsste sich die Polizei vielmehr um andere Dinge wie Bekämpfung der Kriminalität, Präventionsarbeit und Verkehrsüberwachung kümmern. Das kommt zu kurz, denn die Leistungsfähigkeit der Polizei ist nicht grenzenlos.

Leider ist es so in Deutschland, dass jeder protestieren kann, egal gegen oder für was, wenn das mit seiner idealistischen Grundeinstellung begründet ist und egal wie absurd diese auch sein mag. Die Protestaktionen der sog. Klimaaktivisten und ebenso von Impfgegnern haben dem Steuerzahler Millionen von Steuergeldern gekostet und einige Polizeikräfte mussten um ihr Leben fürchten und haben dabei gesundheitliche Schäden erlitten. Demonstrieren ist ein legitimes Recht, aber bitte friedlich und im Einklang mit den Gesetzen.